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Wirtschaft sorgt sich um verlässliche Strom- und Energieversorgung

Von links: Achim Zerres, Abteilungsleiter Energieregulierung bei der Bundesnetzagentur; Dr. Dirk Bissel, CEO der Verallia Deutschland AG; Dr. Jan Stefan Roell, Präsident der IHK Ulm; Robin Mesarosch, Mitglied des Deutschen Bundestages; Marcel Emmerich, Mitglied des Deutschen Bundestages; Sebastian Maier, Technischer Vorstand der EnBW ODR AG; Gerhard Pfeifer, stellvertretender Präsident der IHK Schwaben; Klaus Eder, Geschäftsführer der SWU Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH und Moderator Tilmann Schöberl vom BR. Foto: Armin Buhl/IHK Ulm,

Eine sichere Energieversorgung ist Grundvoraussetzung für nahezu jede unternehmerische Tätigkeit. Doch wie steht es um den Stromnetzausbau in Süddeutschland? Wie wird mit den Auswirkungen der Russland-Ukraine-Krise umgegangen? Über diese und weitere Fragen diskutierten Politik und Unternehmer am 24. Mai in einer gemeinsamen Veranstaltung der Industrie- und Handelskammern Schwaben, Ostwürttemberg, Bodensee-Oberschwaben und Ulm.

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In Impulsvorträgen wurde die Versorgungssicherheit in Süddeutschland aus Sicht der Bundesnetzagentur, der Politik, des Bundeswirtschaftsministeriums und energieintensiven Unternehmen thematisiert und im Anschluss in einer Podiumsdiskussion weiter vertieft.

Dr. Jan Stefan Roell, Präsident der IHK Ulm, eröffnete die Veranstaltung. „Energieversorgung ist kein Luxusproblem, dieses Thema betrifft uns alle, unabhängig vom Ukrainekrieg. Um wirtschaftliche Sicherheit zu gewährleisten, sind der Abbau bürokratischer Hemmnisse und finanzieller Belastungen unabdingbar. Dies ist auch Voraussetzungen, um Anreize für die Investitionen in die Wasserstofftechnologie zu schaffen. Heute möchten wir auf die Kernprobleme eingehen und diese mit ihnen diskutieren.“

Der bereits langjährig geplante Umbau des Energiesystems im Zuge der Klimadiskussion und Energiewende wird aufgrund der Russland-Ukraine-Krise deutlich verstärkt, dadurch wachsen die Anforderungen an die Stromnetze und Energieversorgung in Süddeutschland.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch betonte in seinem Eingangsstatement zur Veranstaltung die Wichtigkeit, Verwaltungsverfahren zu digitalisieren und somit die Genehmigungsverfahren für den Ausbau der erneuerbaren Energien wesentlich zu beschleunigen.

Der höhere Strombedarf wird die Preise künftig weiter ansteigen lassen, wenn nicht neue Erzeugungskapazitäten ans Netz gehen. „Es ist keine Frage der Margenverteilung, sondern eine existentielle Frage. Wir haben einen festen Zeitplan, um das komplexe Projekt einer CO2-freien Produktion umzusetzen. Die Kreislaufwirtschaft ist ebenfalls ein Bestandteil unserer Branche. Bis zu 80 Prozent recyceltes Glas setzen wir bei unseren Produkten ein. Allerdings sind wir auch in den nächsten Jahren auf eine verlässliche Gasversorgung angewiesen – hierfür gibt es aktuell keine Alternative“, sagt Dr. Dirk Bissel, CEO der Verallia Deutschland AG.

Zudem werden durch die zunehmende Digitalisierung die Produktionsprozesse der Wirtschaft immer sensibler gegenüber Schwankungen im Stromnetz, sodass das Thema Versorgungsqualität an Relevanz gewinnt. Bereits geringfügige Spannungsschwankungen im Netz können Produktions- und damit Lieferausfälle nach sich ziehen, wodurch Schäden, hohe Kosten und damit Wettbewerbsnachteile entstehen können. Dies wird in der Präsentation von Achim Zerres, Abteilungsleiter Energieregulierung bei der Bundesnetzagentur, deutlich. „Der Ausbau von Leitungen muss schneller werden“, betont er. „Wir untersuchen uns einen Wolf, in diesen Untersuchungsaufträgen steckt das Problem. Zu viele unterschiedliche Möglichkeiten müssen bedacht werden, das bremst den Ausbau.“

Unnötige Bürokratie verhindert schnelle Umsetzung
Ein weiterer wichtiger Punkt, der sich aus der Veranstaltung ergeben hat, ist die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Planung und Genehmigung neuer Stromleitungen kann bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen, wohingegen ein Solarpark bereits im Laufe eines Jahres gebaut werden kann. Auf diesem Weg kann der Stromnetzausbau nicht mit den ambitionierten Zielen zum Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt halten.

„Wir haben erneuerbare Energien genug. Was wir brauchen, sind verschlankte Genehmigungsverfahren, damit wir die ganzen Photovoltaikanlagen, die wir haben, auch ans Netz bekommen!“, unterstreicht Sebastian Maier, Technischer Vorstand der EnBW ODR AG. Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren hat aus Sicht aller Teilnehmenden höchste Priorität.

„Mit dem ‚Osterpaket‘ – ein umfangreiches Gesetzespaket, mit dem viele energiepolitische Inhalte des Koalitionsvertrags umgesetzt werden, sind wir auf einem guten Weg“, betont Dr. Franziska Brantner, Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima. „Der Ausbau von erneuerbaren Energien wird damit umfassend beschleunigt und konsequent umgesetzt. Wir unternehmen jedoch auch alles, um aktuell die Energieversorgung mit den konventionellen Rohstoffen aufrechtzuerhalten.“

Die engagierte Podiumsdiskussion im Anschluss zeigte zwar erneut auf, wie unterschiedlich die Positionen der Teilnehmer sind, verdeutlichte aber auch die Vielfalt an Möglichkeiten und Maßnahmen, die bereits ergriffen werden. Trotzdem bleiben viele Fragen unbeantwortet und, aufgrund des Krieges, viele Ungewissheiten bestehen.

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