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Weingarten feiert Blutfreitag unter Corona-Bedingungen

Dekan Ekkehard Schmid bei der Übergabe der Heilig Blut Relique. Bild: Stadt Weingarten

Blutfreitag morgens um 7 Uhr. Traditionell eröffnete am 22. Mai festliches Glockengeläut von den Basilikatürmen das Weingartner Hochfest. Wo sich in anderen Jahren Menschenmassen drängten, standen nur ein Bläserquintett und eine Handvoll Pressevertreter auf dem neu gepflasterten Vorplatz des barocken Gotteshauses. Pfarrer Nicki Schaepen aus Bad Schussenried übergab die Reliquie, in der sich nach der Überlieferung Erde mit dem Blut Jesu Christi befindet, an Dekan Ekkehard Schmid hoch zu Ross. Dieselbe Zeremonie wie immer – und doch ganz anders.

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Weihbischof Matthäus Karrer hielt in diesem Jahr die Festpredikt. Bild: Stadt Weingarten.

Sich der Herausforderung dieses ganz anderen Jahres zu stellen und nicht ins Hamsterrad zurückzufallen, darum warb der Rottenburger Weihbischof Matthäus Karrer bereits in seiner Festpredigt am Abend von Christi Himmelfahrt. Die Umweltproblematik und die Brüche zwischen Arm und Reich hätten schon vor Corona eine kranke Welt gezeigt. Karrer erinnerte die Christinnen und Christen an ihren biblischen Auftrag, alles zu tun, was das Leben fördert. Hoffnungszeichen seien für ihn etwa Projekte der Nachbarschaftshilfe und die Seelsorge an Kranken und Sterbenden, die auch die letzten Wochen aufrechterhalten wurde.

Äußerliche Traditionen und Riten dürften in der Kirche nicht wichtiger sein als mutmachende und zukunftsweisende Zeichen der Veränderung, betonte der Weihbischof. Da nahm er auch den Blutfreitag in Bezug auf die jüngsten Diskussionen über die Teilnahmemöglichkeit von Frauen nicht aus.

„Ich möchte alle Verantwortlichen hier in Weingarten einladen, die Wallfahrt weiterzuentwickeln zu einer gemeinsamen Wallfahrt von Frauen und Männern, Kindern und Jugendlichen, Musikantinnen und Musikanten, Pilgerinnen und Pilgern aus aller Welt.“

Weibischof Matthäus Karrer

Zukunftsweisend sollte das diesjährige „Blutrittle“, wie Dekan Schmid es nannte, mit seinen drei Pferden jedoch nicht werden. 2021 möchte er wieder in gewohnter Form feiern. Um Menschenansammlungen zu vermeiden, blieben Route und Ziel dieses Jahr bis zuletzt geheim. Dennoch warteten neben den geladenen Vertretern der Kommunen, Oberbürgermeister Markus Ewald von Weingarten und Baienfurts Bürgermeister Günter A. Binder, einige Heiligblutverehrer beim Flurkreuz vor Köpfingen. Sie hielten in ausreichendem Abstand mit Ortspfarrer Bernhard Staudacher und der Reitergruppe einen Stationsgottesdienst.

Nicht nur die Feierlichkeiten in und vor der Basilika, sondern auch die Andacht bei Köpfingen kam als Livestream in die Wohnzimmer derer, die in den Vorjahren selbst mitgeritten sind oder am Straßenrand die Prozession verfolgt haben.

Auf dem YouTube-Kanal der Kirchengemeinde St. Martin unter www.youtube.com/c/kirchengemeindestmartinweingarten stehen sie als Videos weiterhin zum Nachschauen zur Verfügung. Um die Verbundenheit mit Weingarten auszudrücken, sandten viele Blutreitergruppen Fotos ihrer Standarten, die während des Festgottesdienstes im Altarraum befestigt waren.

Eine Vielzahl bunter Kerzen während des Rosenkranzgebets am Vorabend, die von einem Mini-Chor angestimmte Blutfreitagshymne „Salvete“ und die feierliche Eucharistiefeier zum Abschluss ließen Blutfreitagsatmosphäre aufkommen, obwohl wegen der Corona-Vorgaben die Lichterprozession auf den Kreuzberg ausfallen musste, in der Basilika nur 120 Personen mitfeiern durften und Mitsingen nicht erlaubt war. Auch und gerade in dieser Zeit erinnere das bisschen Erde mit Blut vermischt daran, dass Gott da ist in unserer Welt, betonte der Rottenburger Offizial Thomas Weißhaar in seiner Predigt beim abschließenden Gottesdienst. Dieser Kern des Blutfreitags war auch in diesem besonderen Jahr erfahrbar.

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