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Trommlergruppen unterzeichnen Erklärung

Ein Gruppenbild der Solidarität: Die sonst am Rutenfest vertretenen Trommlergruppen und Fanfarenzüge mit der Stadtverwaltung, Polizei und Rutenfestkommission. Bild: F.Enderle

Die am Rutenfest beteiligten Trommlergruppen und Fanfarenzüge verzichten an den abgesagten Rutenfesttagen auf das Antrommeln bei Privatadressen. Am Mittwochabend wurde die bereits im Vorfeld ausgelotete Marschrichtung im Schwörsaal bei einem Gespräch aller Beteiligten mit der Stadtverwaltung, Polizei und Rutenfestkommission auch schriftlich fixiert.

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OB Daniel Rapp erklärte den Anwesenden auch die Hintergründe. Bild: F.Enderle

Bei der Begrüßung blickte Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp zunächst auf die konkreten Hintergründe für die geplanten Einschränkungen während der angedachten Rutenfesttage. Es hatte sich in den vergangenen Wochen immer mehr die Gefahr eines alternativen und damit nicht kontrollierbaren Festgeschehens abgezeichnet. So kamen einige Wirte der Innenstadt von sich aus auf die Stadt Ravensburg zu und äußersten ihre Besorgnis. „Die haben schlichtweg Angst, dass das Infektionsgeschehen danach aus dem Ruder läuft und sie bei einem erneuten Lockdown dann wieder wochenlang schließen müssen“, betonte Daniel Rapp.

„Mir tun vor allem die Trommler leid, denen durch die Absage die Möglichkeit des Mitwirkens und lebenslange Erinnerung genommen wurde.“

Dr. Daniel Rapp, Oberbürgermeister Stadt Ravensburg.

Neben ausgelassener Partystimmung auf den Plätzen der Innenstadt kam allerdings eine weitere Gefahr hinzu. Viele Bürger/innen und auch Ehemalige feiern traditionell das Rutenfest in privaten Gärten und sind in vierstelliger Anzahl eine Adresse im Marschplan der Trommlergruppen und Fanfarenzüge. Antrommeln, Feiern, Singen und Trinken gehen bei solchen Terminen nahtlos ineinander. Mit der immer noch aktuellen Gefahr eines Covid-19 Infektionsgeschehens würde dies nicht zusammenpassen – zumal die jeweiligen Trommlergruppen dann nach einem Imbiss zur nächsten Adresse weiterziehen. Simon Blümke, Erster Bürgermeister, legte eine weitere große Gefahr nach. „Die Hotels in der Stadt sind am Wochenende voll mit Gästen aus aller Welt, die zum Rutenfest ihre einstige Heimat besuchen wollen“, sagte er mit Sorge. „Wir bitten um Verständnis, dass wir ein Rutenfest auf dem Schleichweg leider nicht dulden können“, ergänzte der Erste Bürgermeister.

Im Schwörsaal berichtete Simon Blümke auch von konkreten Anfragen und Ideen – mal „schwachsinnig, mal dubios“ – Verordnungen und Auflagen mit Inanspruchnahme des Demonstrations-Grundrechts während der Rutenfesttagen aushebeln wollen. Auch die für Sonntag, 26. Juli bereits angemeldete Demonstration des Aktionsbündnisses „Querdenken“ auf dem Oberschwabenhallengelände, werde sich laut Blümke sich an die zusätzlich geltenden Regeln halten müssen. Soll heißen: kein Eventcharakter, keine Musik, kein DJ. (Sehen Sie hierzu gesonderte Informationen)

Auch Polizeipräsident Uwe Stürmer ging auf die eingeladenen Vertreter ein und zollte ihnen Dank und Respekt für das Entgegenkommen. „Ich habe leider die Sorge, dass das nicht überall in der Stadt vorhanden sein wird“, sagte Stürmer und ergänzte: „Wir dürfen die erlangten Erfolge nicht fahrlässig aufs Spiel setzen. Eine Durchmischung von Gästen bei Antrommeladressen wäre unbestritten gefährlich. Das gelte natürlich nicht nur für Feiern mit Trommler- oder Fanfarenzugbeteiligung, auch andere als Alternative spontan oder geplanten Events wären ein Herd für neue Infektionen.

Dem teils in den Sozialen Medien gehegten Vorurteil, in Ravensburg und Oberschwaben wäre Covid-19 nie wirklich ein Problem gewesen und deswegen seien die Maßnahmen übertrieben, setzte der Polizeipräsident entschieden dagegen. „Vor drei Monaten hatte ich in meinem Präsidiumsbereich elf erkrankte Beamte und 100 waren in Quarantäne. Es war nicht sicher, wie lange die Polizei unter diesen Umständen einsatzbereit sein könnte“, nannte er als konkretes Beispiel. Auch sieht Uwe Stürmer einen immensen Imageverlust für die Stadt Ravensburg und das Rutenfest, käme es zu einem Anstieg der Infektionszahlen. Und das könnte im gesamten Landkreis Ravensburg zu einer Rückkehr drastischer Einschränkungen und Lockdowns in den Kommunen führen.

Eltern-Antrommeln im August – Eher Zurückhaltung bei den Gruppen

Die Stadt Ravensburg hatte schon am Montag nach diversen Einzelgesprächen mit den Verantwortlichen der Trommlergruppen zwei Trostpflaster in den Ring geworfen. Zum einen soll im nächsten Jahr das Rutenfest offiziell schon am Donnerstag beginnen und dann den nicht zum Zug gekommenen Trommlern 2020 als Auftrittsmöglichkeit dienen, zudem wurde für August die Möglichkeit unterbreitet, an einem Tag zumindest bei den Eltern der aktiven Trommler anzutrommeln. Das Angebot wurde aber deutlich kritischer und zurückhaltender aufgenommen, als erwartet. Heribert Boßlet, im Vorstand der Rutenfestkommission auch für die Trommlergruppen zuständig, sah mehrere Fallstricke. Zum einen könne auch ein Eltern-Antrommeln ausufern, wenn Nachbarn oder Ehemalige dazustoßen. Zudem müssten die Kostüme ausgegeben und wegen eines einzigen Tages in Nutzung auch wieder gereinigt werden. „Dafür können wir als Rutenfestkommisson nicht aufkommen“, so Boßlet. Bei den Landsknechten gäbe es zudem das Problem, dass einige Kostüme aufgrund der schon mit März gestoppten Arbeiten im Hintergrund gar nicht im nutzbaren Zustand seien. Auch bei den Wortmeldungen der Vertreter von Rutentrommlern und Fahnenschwingergruppe St. Konrad wurde klar, dass die logistischen Bemühungen, z.B. durch den Transport mit Privat-PKW zu den Adressen für einen einzigen Tag den letztlichen Nutzen deutlich übersteigen würden. Oberbürgermeister Daniel Rapp erinnerte aber daran, dass es sich nur um einen Vorschlag der Stadt handle, der von den Trommlergruppen individuell selbst entschieden werden könne.

Nach der Aussprache unterschrieben alle Vertreter der Trommlergruppen und Fanfarenzüge die Selbstverpflichtung für die Absage der Antrommeladressen. Auch wenn der Resolutionstext eher symbolisch als rechtlich definiert war, so hat er doch einiges an Strahlkraft auf die gesamte Bürgerschaft. Ob das auch nachhaltig ist, wird sich wohl erst nach dem besagten Wochenende zeigen.

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