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Stadt Ravensburg entlastet Unterbringungssituation mit Erwerb der “Goldenen Uhr”

Ravensburg konnte zum Jahreswechsel das frühere Hotel "Goldene Uhr" als Anschlussunterkunft für ukrainische Geflüchtete in Betrieb nehmen. Bild: F.Enderle

Um dem hohen Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gerecht zu werden, hat die Stadt Ravensburg eine kurzfristige Lösung in der Oststadt gefunden. Zum Jahreswechsel werden im Gasthaus-Hotel „Goldene Uhr“ rund 100 geflüchtete Menschen einziehen können. Die Stadt Ravensburg hat den Gebäudekomplex, der seit geraumer Zeit zum Verkauf angeboten wurde, erworben. Bis Mitte Dezember geht der Gaststätten- und Hotelbetrieb aber noch weiter. 

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Wie die Stadt Ravensburg bei einem Pressegespräch am Mittwochnachmittag mitteilte, gibt es derzeit eine enorm dynamische Entwicklung bei der Zuteilung von geflüchteten Menschen. Allein aus der Ukraine sind derzeit 800 Menschen in der Stadt, die entsprechend untergebracht werden müssen. Der Landkreis Ravensburg hatte unlängst die Kreissporthalle zur Notunterkunft umfunktioniert. Zudem hat die Stadt Ravensburg dem Kreis die Schussentalhalle für gleichen Zweck zur Verfügung gestellt. Die Hallen sind zwar ausreichend für die erste Zeit, die dort lebenden Menschen schlafen allerdings in einfachen Betten, haben nur begrenzte sanitäre Anlagen zur Verfügung und keine Privatsphäre.

„Natürlich waren und sind wir froh, dass zu Beginn der Kriegssituation einige Menschen auch von zahlreichen Privatpersonen aufgenommen wurden“, betonte Oberbürgermeister Daniel Rapp. Auch viele ukrainisch-stämmige Familien, die seit Jahrzehnten schon hier leben, hätten geflüchtete Landsleute aufgenommen. Ein Grund für den Anzug der Zahlen auch für Ravensburg ist, dass viele Geflüchtete – in der Regel Frauen, Kinder und ältere Personen – in Hoffnung auf eine baldige Beendigung des Kriegszustands sich zunächst im Norden Deutschlands aufhielten. Da die Lage in der Ukraine derzeit völlig unklar ist und der Winter bevorsteht, müssten die Menschen nun auf ganz Deutschland und Kommunen verteilt werden. 

Auf der Suche nach einer Lösung eröffnete sich der Stadt Ravensburg eine vorteilhafte Lösung. Aufgrund der geplanten Betriebsaufgabe stand das Gasthaus-Hotel „Goldene Uhr“ seit geraumer Zeit zum Verkauf an. Die Stadt Ravensburg hat das Hotel- und Gastronomiegebäude erworben und kann so 100 Zimmer mit Bad samt Gemeinschafts- und Sozialräumen für geflüchtete Menschen aus der Ukraine zur Verfügung stellen. Der Vorteil für die Stadt Ravensburg: Die komplette Ausstattung, vom Bett bis zum Besteck oder Geschirr, konnte mit übernommen werden. „Wir konnten alles zu einem sehr fairen Preis erwerben”, sagte OB Daniel Rapp und dankte der “Goldenen Uhr” auch für das lange Engagement für die Gastronomieszene in Ravensburg. 

Die “Goldene Uhr” wird ihren Betrieb erst Mitte Dezember einstellen, wie die Stadtverwaltung im Rahmen des Pressegesprächs mitteilte. Vereine, die dort Veranstaltungen, Versammlungen oder Weihnachtsfeiern gebucht haben, brauchen sich also keine Sorgen über eine Absage zu machen. Voraussichtlich um den Jahreswechsel werden die ersten Personen einziehen können. Angedacht ist, dass das ein Prinzip wie in einer Jugendherberge gilt. Es besteht die Möglichkeit für Essen und Verpflegung, auch hierzu kann die komplette Infrastruktur und Ausstattung der Küche weiterverwendet werden. Schon jetzt gibt es Rückmeldungen, dass es unter den Geflüchteten Gastronomie-Erfahrung gibt, sodass die Bewohner sich auch selbst mit einbringen können. Die Heimleitung wird die Stadt Ravensburg übernehmen, Hilfs- und gemeinnützige Organisationen werden mithelfen. 

Wie die Stadtverwaltung weiter informierte, wäre eine Containerlösung zur Unterbringung nicht günstiger gekommen, als der Erwerb des Hotel-Komplexes. Derartige Wohncontainer sind teuer in der Anschaffung, haben bis zu einem halben Jahr Lieferzeit und sind nach acht Jahren durch. Der Erwerb des Gebäudekomplexes der „Goldenen Uhr“ bietet der Stadt Ravensburg daher auch Optionen der Nachhaltigkeit. Wird das Gebäude nicht mehr als Unterkunft benötigt, kann es aufgrund der Lage und des guten Zustands mit überschaubarem Aufwand umfunktioniert werden. Noch gibt es freilich keinen Zeitplan oder genau Vorstellungen. Denkbar wäre laut OB Rapp aber die Umfunktionierung zu einer Senioreneinrichtung oder einem Wohnheim für alleinstehende Studierende. Aktuell sei die Stadt Ravensburg auch in Gesprächen, ob der Erwerb des Komplexes aufgrund der geplanten Nutzung vom Land oder Bund bezuschusst werden könne. Froh ist man bei der Stadt Ravensburg, dass damit die Umfunktionierung einer weiteren Sporthalle vermieden werden kann. „Das wäre sonst eine enorme Belastung für die Schulen und Vereine“, erklärt Daniel Rapp.

Die Stadt Ravensburg plant für die Anwohner der Oststadt zu gegebener Zeit eine Bürgerinformation zur Beantwortung etwaiger Fragen, voraussichtlich auch direkt in der „Goldene Uhr.“ Schon jetzt ist sich OB Rapp aber sicher, dass sich die Menschen der künftigen Unterkunft sich konstruktiv für ein gemeinschaftliches Miteinander in der Nachbarschaft einbringen werden und umgekehrt: „Wir sehen in Ravensburg eine enorme Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine.“

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