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IHK: „Bessere Koordination für die Erreichung der Klimaschutzziele erforderlich“

Archivbild: F.Enderle

Der Stromnetzausbau von Nord nach Süd wird sich sehr wahrscheinlich nochmals verzögern. Die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) fordert deshalb einen besseren Abgleich zwischen der Bundes- und Landespolitik, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

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„Das Klimaschutzziel im Bund wurde nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen Jahr von 2050 auf 2045 vorgezogen. Das Land Baden-Württemberg hat nachgelegt und die Treibhausgasneutralität für 2040 als Zielsetzung herausgegeben“, so Stefan Kesenheimer, zuständiger Fachexperte für Energie- und Klimagesetzgebung in der IHK Bodensee-Oberschwaben. „Um diese Ziele zu erreichen und die Stromversorgungssicherheit zu gewährleisten, sind jedoch die geplanten Stromtrassen von Nord nach Süd unbedingt notwendig.“ Die Stromtrasse Süd-Link wird sich nach Aussage des scheidenden Präsidenten der Bundesnetzagentur jedoch weiter verzögern. Erst war die Fertigstellung für 2022 geplant, dann für 2026 und nun soll es eine weitere Verzögerung geben. „Der verzögerte Netzausbau wird sich in vielerlei Hinsicht auch negativ auf die Wettbewerbsfähig unserer Wirtschaft auswirken“, betont Kesenheimer.

 Versorgungssicherheit und Engpassmanagement bei Stromnetzen
Mit dem Ausbau von Windkraft und Photovoltaik muss auch der Ausbau der Netze Schritt halten. Ansonsten muss vermehrt in den Kraftwerkspark eingegriffen werden, um die Stromversorgungssicherheit zu gewährleisten. Zudem müssen immer wieder Windkraftanlagen vom Netz genommen werden, um jederzeit die Stromerzeugung in Einklang mit der Nachfrage zu bringen. Gerade mit den letzten Abschaltungen der Kernkraftwerke und mit dem weiteren Rückgang der Kapazitäten der Kohlestromversorgung wird dies immer schwieriger. Die dafür entstehenden Kosten werden auf die Netzentgelte umgelegt, aktuell bewegen sich die jährlichen Gesamtkosten des Engpassmanagements bei knapp über einer Milliarde Euro. Die Kosten könnten damit weiter steigen. Nach dem Energiewende-Barometer der IHK-Organisation fordern 97 Prozent der befragten baden-württembergischen Unternehmen eine Beschleunigung beim Übertragungsnetzausbau.

Verzögerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien
Bei einer Verzögerung des Ausbaus der erneuerbaren Energien werden die festgelegten Ziele des Klimaschutzes auf Bundes- und Landesebene nicht nur verfehlt, sondern dies kann auch zu Strompreissteigerungen führen. Beim schrittweisen Abbau des konventionellen Kraftwerksparks werden die Kapazitäten kleiner und zugleich steigt die Nachfrage nach Strom aus erneuerbaren Energien in der Wirtschaft an. „Insgesamt beschäftigten sich 63 Prozent der befragten Unternehmen im Jahr 2021 mit dem Bezug von Grünstrom oder hatten dies bereits realisiert. Dieser Trend wird sicherlich anhalten“, so Stefan Kesenheimer.

Immer mehr Kunden fordern von ihren Lieferanten zudem, Grünstrom zu beziehen. Dies wirkt sich in der gesamten Lieferkette aus, da sich viele Unternehmen mit der Erreichung der Treibhausgasneutralität beschäftigen.

„Wenn dann nicht genügend Grünstrom produziert wird oder wegen Netzengpässen nicht eingespeist werden kann, um die Nachfrage zu erfüllen, wird dies nicht zu einer Entspannung bei den Strompreisen führen“, ist Kesenheimer überzeugt. Erhöhte Strompreise können dann zu Nachteilen im internationalen Wettbewerb führen. Die Stromnachfrage wird weiter steigen, da immer mehr Wärmepumpen und Elektroautos im Einsatz sind. Auch für die Herstellung von Wasserstoff werden zukünftig verstärkt erneuerbare Energien benötigt.

Nach den aktuellen Preisentwicklungen wird auch der Strompreis in den Jahren 2023 und 2024 auf einem hohen Niveau sein. Im Vergleich zum Jahr 2020 rund um das Dreifache. Die IHK Bodensee-Oberschwaben fordert daher die Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß, eine sofortige alternative Finanzierung der EEG-Umlage und eine bessere Koordination zwischen Bund und Ländern. Nur so können die Industrieunternehmen und der Mittelstand im internationalen Wettbewerb bestehen.

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