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Wirtschaft und Business

Zu wenige Ausbildungsverträge im Verhältnis zum Fachkräftebedarf

Bild: F.Enderle

Zum 31. August 2021 beträgt die Zahl der eingetragenen Ausbildungsverhältnisse bei der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) 2.016. Sie liegt damit um 2,9 Prozent niedriger als zum selben Stichtag im Vorjahr (2.077). Grund für den Rückgang ist aber nicht das fehlende Ausbildungsplatzangebot, sondern die fehlenden Bewerber.

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„Die Wirtschaft stellt sich dem Fachkräftebedarf und sieht hier die eigene Berufsausbildung als oberste Priorität. Schade, wenn dieses Angebot ungenutzt bleibt. Dabei ist die wirtschaftsnahe Ausbildung der beste Garant für eine zukünftige Beschäftigung“, so Martin Buck, Präsident der IHK Bodensee-Oberschwaben. Anje Gering, IHK-Hauptgeschäftsführerin, führt aus, dass die Anstrengungen, mehr Bewerber zu erreichen, in diesem Jahr besonders intensiv waren: „Neben Angeboten wie unsere IHK-Online-Lehrstellenbörse, Bildungs-Informationstage und Projekte an den Schulen, haben wir in diesem Sommer unter dem Motto ‚Sommer der Berufsausbildung‘ mit verschiedenen Aktionen wie einer Kennenlernmesse und Vor-Ort-Beratungen in zehn Städten der Region versucht, junge Menschen von den vielfältigen Möglichkeiten und Chancen einer dualen Ausbildung in unserer Region zu informieren.“

„Die betroffenen Branchen werden dadurch zusätzlich zu den zurückliegenden harten Corona-Beschränkungen stark ausgebremst“

Martin Buck, Präsident IHK Bodensee-Oberschwaben

Aus Sicht der Wirtschaft gestaltet sich die Suche nach geeigneten Bewerbern weiterhin schwierig. Besonders stark ist der Ausbildungsbedarf laut IHK dabei im Einzelhandel, in der Logistik, in Teilen des produzierenden Gewerbes sowie im Besonderen in der Gastronomie und Hotellerie. „Gerade in der tourismusgeprägten Region Bodensee-Oberschwaben wird der ungedeckte Bedarf an Fachkräften in den Restaurants und Hotels schnell sichtbar und spürbar“, so Präsident Buck. Um den Bedarf wenigstens etwas decken zu können, bereitet die IHK junge Menschen aus dem Ausland gesondert auf ihren Ausbildungsstart in der Hotel- und Gaststättenbranche vor. „Diejenigen, die unsere Angebote annehmen, sind begeistert. Aber es sind insgesamt immer noch zu wenige. Wir unterstützen die Akquise junger ausbildungsinteressierter Menschen weiterhin auf allen Ebenen. Für das Thema ‚Integration in Ausbildung‘ haben wir zwei Fachberaterinnen, die die Fragen der Betriebe beantworten, wir organisieren Projekte zur Gewinnung von Auszubildenden und beteiligen uns an landesweiten Werbekampagnen für die duale Ausbildung“, ergänzt IHK-Hauptgeschäftsführerin Anje Gering.

An die Unternehmen appelliert Präsident Buck: „Ich verstehe den Frust einiger Betriebe, die trotz großer Anstrengungen ihre offenen Lehrstellen nicht besetzen können. Bitte erhalten Sie aber Ihr Ausbildungsangebot auch im nächsten Jahr aufrecht.“ Und an die potenziellen Bewerberinnen und Bewerber gerichtet macht Hauptgeschäftsführerin Gering deutlich: „Wer im Herbst noch eine Ausbildung beginnen kann, der sollte nicht warten, sondern jetzt starten. Denn gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass eine duale Ausbildung für junge Menschen eine gute und sichere Perspektive bietet. In diesem Jahr stehen noch in allen Branchen Ausbildungsplätze zur Verfügung.“ Optimismus, dass sich doch noch einige Jugendliche für den Weg in eine Ausbildung in diesem Jahr entscheiden, schöpft die IHK aus der Tatsache, dass allein im August rund 200 neue Ausbildungsverträge geschlossen wurden.

Blick in die Berufsgruppen

Bei den technischen Berufen sind zum Stichtag (31.08.2021) 813 Verträge verzeichnet. Die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr (31.08.2020: 889) um 8,5 Prozent gesunken und damit ist dieser Bereich auch der einzige mit rückläufigen Zahlen. Bei den Metallberufen gibt es mit 495 statt 541 absolut gesehen den größten Verlust, gefolgt von den Berufen im Bereich Papier/Druck mit 16 statt 26 Verträgen. Dies ist auf die Veränderung der betrieblichen Anforderungen zurückzuführen, aber auch auf fehlende Bewerberinnen und Bewerber. Die ebenfalls größeren Berufsbereiche Fachinformatiker (104 statt 106) und die Elektroberufe (97 statt 93) bleiben hingegen konstant.

Bei den kaufmännischen Berufen verzeichnet die IHK einen Zuwachs um 1,3 Prozent von 1.061 (im Vorjahr 2020) auf 1.075 Verträge. Der Blick in die einzelnen Berufe zeigt eine Stagnation im Einzelhandel bei den Verkäufern mit 119 Verträgen (Vorjahr 122) und bei den Kaufleuten im Einzelhandel mit 195 (Vorjahr 190), einen leichten Rückgang bei den Bankkaufleuten mit 78 statt 88 (Vorjahr) Verträgen, sowie eine leichte Steigerung bei den Logistik-Berufen: Fachlagerrist 62 Verträge (Vorjahr 53), Fachkraft für Lagerlogistik 91 (Vorjahr 70) und Kaufleute für Spedition- und Logistikdienstleistungen 20 (Vorjahr 20). In den Bereichen Einzelhandel und Logistik sind aktuell noch einige Stellen unbesetzt und der Bedarf ist ungebrochen hoch.

Bei den Hotel- und Gaststättenberufen wurde trotz der erschwerten Bedingungen aufgrund der Corona-Pandemie das Vorjahres-Niveau erreicht. Die 128 Verträge (Vorjahr 127) verteilen sich dabei auf folgende Berufe: Koch 47 (Vorjahr 51), Hotelfachleute 61 (Vorjahr 47), Restaurantfachleute 9 (Vorjahr 12), Fachleute für Systemgastronomie 9 (Vorjahr 11) und Fachkraft im Gastgewerbe 2 (Vorjahr 6). In diesen Berufen gibt es aktuell noch ein großes Angebot mit der Möglichkeit des sofortigen Ausbildungsbeginns.


Details zur Ausbildungssituation in den Landkreisen


Landkreis Ravensburg
Im Landkreis Ravensburg wurden zum Stichtag (31.08.2021) insgesamt 939 Ausbildungsverträge registriert. Im Vergleich zum Vorjahr (948 Verträge) ergibt dies einen Rückgang von 1 Prozent. Bei den kaufmännischen Berufen ist die Zahl von 547 auf 540 gesunken und bei den technischen Berufen von 363 auf 350. In den Hotel- und Gaststättenberufen gab es eine leichte Steigerung von 42 auf 49 Verträge.

Die zahlenmäßig am stärksten vertretenen Ausbildungsberufe im Landkreis Ravensburg sind (in dieser Reihenfolge): Kaufmann/-frau im Einzelhandel (90), Industriekaufmann/-frau (80), Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandelsmanagement (65), Industriemechaniker/-in (53), Fachkraft für Lagerlogistik (48) und Verkäufer/-in (47).

Bodenseekreis
Für den Bodenseekreis registrierte die IHK insgesamt 654 (im Vorjahr 2020: 669) Ausbildungsverträge. Das ist ein Minus von 2,2 Prozent. Während bei den kaufmännischen Berufen (335, Vorjahr 326) und den Hotel- und Gaststättenberufen (65, Vorjahr 64) ein leichtes Plus zu verzeichnen ist, gibt es bei den technischen Berufen (254, Vorjahr 279) einen Rückgang von neun Prozent.

Die zahlenmäßig am stärksten vertretenen Ausbildungsberufe im Bodenseekreis sind (in dieser Reihenfolge): Kaufmann/-frau im Einzelhandel (64), Industriemechaniker/-in (58), Industriekaufmann/-frau (53), Kaufmann/-frau für Büromanagement (47) und Verkäufer/-in (43).

Landkreis Sigmaringen
Im Landkreis Sigmaringen verzeichnet die IHK bei den neu eingetragenen Ausbildungsverhältnissen ein Minus von 7,8 Prozent. Der Rückgang von insgesamt 456 Verträgen im Vorjahr auf aktuell 423 Verträge ist auch hier stark auf die technischen Berufe (209, Vorjahr 246) zurückzuführen. Die sowieso geringe Zahl an Verträgen im Hotel- und Gaststättenbereich ist auf 14 (Vorjahr 20) weiter gesunken, aber die kaufmännischen Berufe verzeichnen ein Plus von 5,8 Prozent (200 Verträge, Vorjahr 189).

Die zahlenmäßig am stärksten vertretenen Ausbildungsberufe im Landkreis Sigmaringen sind (in dieser Reihenfolge): Industriemechaniker/-in (54), Industriekaufmann/-frau (48), Kaufmann/-frau im Einzelhandel (41), Verkäufer/-in (29) und Zerspanungsmechaniker/-in (27).

 

 

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