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Weingarten: OB-Wahlkandidaten stellten ihr Programm vor

ArchivbildBild: F..Enderle

Die Wahl des neuen Oberbürgermeisters in Weingarten geht in die entscheidende Phase. Am Donnerstagabend stellten die fünf Kandidaten im Kultur- und Kongresszentrum ihre Themenschwerpunkte vor. 

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Dass an diesem Abend im Welfensaal viele Plätze unbesetzt blieben, war sicherlich dem Umstand geschuldet, dass die Veranstaltung auch in voller Länge live auf Youtube zu sehen war. Der Bedeutung des Abends tat das aber kein Abbruch. Sowohl im Saal, als auch draußen an den PC Bildschirmen stand im Vordergrund, die Kandidaten und ihr Wahlprogramm auf kompakte Weise kennenlernen zu können. “Bislang war es ein sehr fairer Wahlkampf. Das ist in diesen Zeiten nicht gerade selbstverständlich”, sagte Bürgermeister Alexander Geiger bei seiner kurzen Begrüßung und Einrührung. 

Die Reihenfolge der Wahlkandidaten war durch den Eingang der Bewerbung festgelegt. Nachfolgend haben wir für Sie die wichtigsten Eckpunkte der jeweiligen Bewerber-Vorträge zusammengefasst. Hinweis der Redaktion:  Wir haben uns bei der Form auf Stichpunkte entschieden und aus Gründen der Neutralität auf Wertungen verzichtet. 


Gerrit Elser
Gerrit Elser. Bil: F.Enderle

Der 51-Jährige dankte zu Beginn seines Beitrags der Stadt Weingarten, die Veranstaltung “hybrid” anzubieten und dankte dem scheidenden Amtsinhaber Markus Ewald, der bei seinem Wirken stets in den Mittelpunkt stellte, die Bürger bei Entscheidungen mitzunehmen. Nach einem persönlichen Blick auf die wichtigsten Lebensdaten und die juristische Ausbildung leitete Gerrit Elser auf seine Erfahrung in der Kommunalpolitik und Verwaltung. Bereits als 28-Jähriger wurde er in Sonnenbühl, einer Gemeinde auf der Schwäbischen Alb südlich von Reutlingen, zum Bürgermeister gewählt. Es folgte 2009 die Bewerbung samt Wahlgewinn zum Oberbürgermeister in Giengen an der Brenz. Aus eigenem Entschluss trat er nicht für eine zweite Amtszeit an und wechselte in die Privatwirtschaft. Da er aufgrund der Reisetätigkeit zu oft von seiner Familie getrennt war, kam der Wunsch nach einer weiteren Veränderung, bis Ende Januar war Gerrit Elser dann als Pandemie-Beauftragter in Reutlingen tätig. 

Aufgrund seiner Erfahrungen in der Kommunalpolitik kenne er die Aufgaben und Herausforderungen, die das Amt als Oberbürgermeister einer Stadt der Größe und Lage wie Weingarten mit sich bringe. Er sieht sich als parteiloser Kandidat unabhängig, denn Kommunalpolitik sei vorrangig Sachpolitik. Für Gerrit Elser sind folgende Punkte im Falle einer Wahl von Bedeutung.

  • Die Infrastruktur in Weingarten müssen bewahrt und verbesser werden. Hier müssten auch alle an einem Strang ziehen. 
  • Die Erwartungen der Bürger und Unternehmen seinen groß, die finanziellen Möglichkeiten von Weingarten allerdings begrenzt. Es gelte daher, ein ausgewogenes Verhältnis der Prioritäten zu erarbeiten. 
  • Weingarten soll bürgernah, bunt und vielfältig sein. Gerade in diesen Tagen mit Blick auf die Fluchtthematik sei diese von Bedeutung. 
  • Wichtig sei für ihn eine durchgängige Kinderbetreuung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 
  • Weingarten muss ein moderner Bildungsstandort sein. Die Weiterentwicklung müssen dabei aber im Einklang zwischen den Interessen der Bürger und dem studentischen Leben erarbeitet werden. Dabei sei eine gegenseitige Rücksichtnahme notwendig. 
  • Gerrit Elser lobte das vielseitige bürgerschaftliche Engagement in der Stadt mit seinen rund 250 Vereinen. Diese müssten bei ihrer Arbeit weiterhin von der Verwaltung unterstützt werden. 
  • Bei der Standortpolitik für Wirtschaft und Unternehmen müsste der Erhalt von Arbeitsplätzen hohe Priorität haben. Qualität bei beim Wachstum gehe gegen der Quantität vor. Bei der Vermeidung von gewerblichen Leerständen müsse auch die Gastronomie mitgenommen werden. 
  • Weingarten habe touristisch mehr zu bieten, als nur die Basilika. Dies müsse mehr herausgearbeitet werden. 
  • Bei der wichtigen Frage von Wohnraum müsse die Stadt das Quartiersmanagement verstärkt im Auge behalten, das gelte auch für das Siedlungsgebiet “Martinshöfe”
  • Alle wichtigen kommunalen Entscheidungen müssten am Klimaschutz orientiert werden, bei der Mobilitätswende müssten alle Kraftanstrengungen gemeinsam mit Verwaltung, Bürgerschaft und den Unternehmen vollzogen werden.

Clemens Moll
Clemens Moll. Bild: F.Enderle

Der 41-jährige Diplom-Verwaltungswirt spannte zu Beginn seines Beitrags den Bogen zunächst zur aktuellen Lage. Die Welt habe sich in den vergangenen vier Wochen des Kriegs in der Ukraine verändert. Den Opern des Krieges müsse Solidarität und Mitgefühl entgegengebracht werden. Auch die Stadt Weingarten sei hier gefordert. Clemens Moll ist seit 2010 Bürgermeister der Gemeinde Amtzell, 2018 wurde er wiedergewählt. Zuvor war drei Jahre hauptamtlicher Ortsvorsteher in Nambern (Stadt Kirchheim/Teck). Er zeige sich überzeugt davon, dass die Bürgerschaft von Weingarten offen dafür sei, die Zukunft selbst mitzugestalten. In vielen Bereichen sei Weingarten ein Vorreiter gewesen, beispielsweise bei der Wahl von Partnerstädten. Ohnehin sei Weingarten eine weltoffene und lebendige Stadt. Viele Projekte der Vergangenheit seien nur durch das hohen bürgerschaftliche Engagement zu realisieren gewesen. Beispielsweise bei der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen auf dem Martinsberg, was letztlich in der Gründung des Integrationszentrums seine Fortsetzung fand. Hier die von Clemens Moll vorgestellten Eckpunkte seines Wahlprogramms und weitere Details seines Beitrags

  • Eine OB-Wahl sei keine parteipolitische Wahl, trotz seiner CDU Mitgliedschaft wolle er sich stets an der Sache orientieren.
  • Ein wichtiger Schwerpunkt sieht Clemens in seinem Wahlprogramm bei Betreuungsangeboten, auch die erforderlichen Sanierungen der Schulen würden die Stadt vor nicht unerhebliche finanzielle Herausforderungen stellen.
  • Gleiches gelte bei der Schaffung von Wohnraum. Auch er nannte hier die einmalige Möglichkeit bei den Martinshöfen, auch wolle er sich für eine Nachnutzung des 14-Nothelfer starkmachen. Zudem müssten bestehende Bebauungspläne überarbeitet werden. 
  • Der Bereich “Wirtschaftsförderung” sieht Clemens Moll als “Chefsache, er zollte hier schon einmal Lob an das städtische Startmarketing.
  • Beim Thema Klimawandel müsse interkommunal bei Projekten zusammengearbeitet werden, auch sehe er viel Nachholbedarf bei den Radwege-Verbindungen. Naturnahe Flächen müssten in der Stadt nachhaltig gestaltet werden, zudem müssten die Dächer städtischer Gebäude für Photovoltaikanlagen genutzt werden. Hier sieht er auch Möglichkeiten, die Bürger in Genossenschaften zu beteiligen. 
  • Weingarten habe ein starkes und erfolgreiches bürgerschaftliches Engagement, das weiter gefördert werden müsse. 
  • Kinder und Jugendliche sollen ihre Wünsche stärker einbringen können, der Jugendgemeinderat könnte hier eine größere Rolle spielen.
  • Weingarten habe bereits eine gute Infrastruktur, durch kommunaler Zusammenarbeit könnten aber dennoch weitere Verbesserungen erzielt werden. 
  • Das Kulturangebot in Weingarten sei gut, hätte auch aber auch mehr Möglichkeiten, beispielsweise im Zusammenspiel der Hochschulen. 

Roman Urban
Roman Urban. Bild: F.Enderle

Der 43-jährige, der seine offizielle Berufsbezeichnung als “Freier Journalist” definiert, gab zunächst einen persönlichen Überblick mit Lebensdaten. Sein Abitur absolvierte in Weingarten, ebenso das Studium an der Fachhochschule. Sollte er OB werden, strebe er für Weingarten eine höhere Attraktivität der Stadt an als Ravensburg. Seinen Fokus lege er auf die Stellung von Kindern in der Stadt, daher wolle er auch 75 Prozent seines Einkommens als Oberbürgermeister für bedürftige Kinder spenden. Hier weitere Details aus seiner Vorstellung. 

  • Kinder müssten für den Straßenverkehr mehr ausgebildet werden. Kinder und Jugendliche sollten auch mehr Möglichkeiten für Freizeit und Entfaltung erhalten und generell mehr Freiheiten erhalten. 
  • Im Stadtgebiet müsse es mehr Grün geben. 
  • Man müsse sich mehr um einsame Menschen kümmern, dazu solle es organisierte Single-Treffs geben
  • Örtliche Vereine sollten mehr Zuschüsse erhalten und einfacher an Räumlichkeiten kommen.
  • Es brauche mehr Radwege, zudem müssten die Busverbindungen flexibler sein.
  • Für die Sicherheit müsste mehr Polizei im Einsatz sein
  • In Weingarten bräuchte es mehr Grün und Gärten
  • Bei der Stadtentwicklung sollten mehr Wohnungen auf den Gemarkungen der Nachbargemeinden Baienfurt und Baindt gebaut werden, wenn Weingarten selbst keine Möglichkeiten mehr hat. 
  • Beim Verkehr brauche es durchgehende, einspurige 30er-Zonen. Pendler müssten mehr Angebote für den ÖPNV erhalte, auch fordere er einen Beförderungszuschuss für Rentner. 
  • Bei der Aufnahme von Flüchtlingen, wie aus der Ukraine, müsse mehr kontrolliert werden. Es würde vorkommen, dass sich andere Flüchtlinge günstig einen ukrainischen Pass besorgen würden, um dann einfacher nach Deutschland kommen zu können.
  • Die Mietpreise in Weingarten müssten angepasst werden, Familien mehr entlastet werden. Hierzu müssten mehr Zuschüsse vom Bund beantragt werden. 
  • Die Bürokratie müsse reduziert werden. 

Markus Kuhnert
Markus Kuhnert. Bild: F..Enderle

Der 41-jährige Diplom-Elektroingenieur aus Wangen wolle als OB-Kandidat einen Ansatz für Weingarten bieten, der in eine ganz andere Richtung gehen würde. Er habe zwar keine Erfahrungen in der Verwaltung oder der Kommunalpolitik, aufgrund seiner beruflichen Tätigkeiten als Bauüberwacher bei der Deutschen Bahn habe er viele Kenntnisse für Kosteneinsparung und Optimierung von Prozessen.
Hier seine vorgetragenen Punkte des Wahlprogramms.

  • Für den bezahlbaren und sozialen Wohnraum brauche es eine langfristige Strategie. 
  • Der Öffentliche Nahverkehr brauche mehr Angebote und Flexibilität. Es können nicht sein, dass eine Studentin von Ravensburg nach Weingarten 45 Minuten benötigen würde und dann immer noch zu spät in die Vorlesung komme. 
  • Eltern dürften bei der Kinderbetreuung bezüglich der Kosten nicht so stark belastet werden. 
  • Bei Thema Mobilität könne er sich eine Seilbahn im Schussental vorstellen. Sie würde nur ein Drittel der Kosten beim Betrieb verursachen, als Busse, die derzeit noch nicht umweltfreundlich fahren würden und selbst bei Umstellung auf Elektro viel teurer wären. Die Seilbahn könnte dann an den Gemeinden Seitenableger haben. 
  • Kritik übte er an der Stadt bezüglich des Siedlungsprojekts “Martinshöfe”. Hier seien langfristige Möglichkeiten für bezahlbaren Wohnungsbau aus der Hand gegeben worden. 

Christian Binder
Christian Binder. Bild: F.Enderle

Der 44-jährige Wirtschafts-Ingenieur ist seit 24 Jahren in Weingarten zu Hause. Er wolle OB werden, weil er Veränderungen gerne selbst in die Hand nehmen wolle. Er könne sich auch nur vorstellen, OB in Weingarten zu werden und nicht in einer anderen Stadt. Viele Projekte und Probleme können Weingarten nicht alleine lösen, sondern nur in der interkommunalen Zusammenarbeit. Das Zusammenleben in der Stadt mit den Schwerpunkten “Famienfreundlichkeit” dürfe nicht nur auf Familien mit Kindern begrenzt sein, sondern müsse auch Senioren im Blick haben. Auch brauche Weingarten als Hochschulstadt mehr Impulse für das Zusammenspiel mit der Bürgerschaft. Die Stadt lebe neben den Studenten, nicht mit ihnen. Es brauche es hier mehr Durchmischung des studentischen Lebens mit dem öffentlichen Leben. Beispielsweise könne die so auch die Gastronomie in Weingarten aufgewertet werde, was die Stadt letztlich auch attraktiver für andere Besucher aus dem Schussental machen könne. Hier weitere Schwerpunkte aus der Kandidatenvorstellung.

  • Bei der Ansiedlung von Gewerbe müsse mehr interkommunal zusammengearbeitet werden. Bei der Schaffung von Wohnraum müssten die Möglichkeiten von Nachverdichtung mehr ausgeschöpft werden. Bei den “Martinshöfen” kritisierte er, dass die Wohneinheiten für die Zielgruppe nicht erschwinglich seine. Städtische Grundstücke dürften nicht mit gewinnbringenden Absichten veräußert werden, die Stadt müsse selbst mit kreativen Ideen für bezahlbaren Wohnraum sorgen. 
  • Das subjektive Empfinden der Bürger bei der öffentlichen Sicherheit müsse ernst genommen werden. Es gäb zu viele unbeleuchtete Bushaltestellen, auch sorge das gelbe Licht von Straßenlaternen nicht für ein gutes Gefühl. Auch die Sauberkeit im Stadtgebiet und neuralgischen Punkten müsse verstärkter im Blick gehalten werden. 
  • Beim ÖPNV müssten alle Wohngebiet und auch die Hochschulen an die Linien angeschlossen werden und bedarfsgerechter getaktet werden, beispielsweise auch unter Berücksichtigung von Vorlesungszeiten an der Hochschulen. Dies könne die Parkplatzsuche von Studierenden deutlich reduzieren, gleicher Effekt hätten Park&Ride Parkplätze, die eine Einpendlung von PKW in die Innenstadt reduzieren könnten. 
  • Bei Verkehrskonzepten und auch Radwegen müsse ebenfalls mehr interkommunal zusammengearbeitet werden. 
  • Den Stadtpark in Weingarten gelte es attraktiv zu halten und eventuell sogar zu vergrößern. Alle Menschen sollen sich hier wohlfühlen können. 

INFOS
Die OB Wahl in Weingarten findet am Sonntag, 03. April statt, die Wahllokale haben von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Um als Oberbürgermeister an diesem Termin gewählt zu werden, sind mehr als 50 Prozent der gültigen Stimmen erforderlich. Sollte dies von keinem Wahlkandidaten erreicht werden, gäbe es am 24. April einen zweiten Wahlgang. Hier wäre dann eine einfache Mehrheit ausreichend. Weitere Informationen zur OB-Wahl in Weingarten finden Sie auf www.weingarten-online.de/ob-wahl

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