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TWS mit Weit- und Vorsicht zu solider Bilanz für 2022

Dr. Andreas Thiel-Böhm und Helmut Hertle konnten mit den Bilanz des Geschäftsjahres 2022 trotz schwieriger Umstände zufrieden sein. Bild: F.Enderle

Die Technischen Werke Schussental (TWS) haben ein bewegtes Energiekrisenjahr 2022 mit einer guten Bilanz abgeschlossen. Der regionale Energieversorger und seine Tochtergesellschaft TWS Netz GmbH erwirtschafteten einen Überschuss von rund 5,9 Millionen Euro, der zur Hälfte den Gesellschaftern Stadt Ravensburg, Stadt Weingarten sowie EnBW zugutekommt. Weniger gut als die meisten Bilanz-Parameter kommt dabei die Politik weg. 

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Bei der Bilanzpressekonferenz am Montag ließ sich anhand der Schilderungen der Geschäftsführer Dr. Andreas Thiel-Böhm und Helmut Hertle ungefähr erahnen, was im vergangenen Jahr hinter den Kulissen der TWS los war. Die Energiekrise mit drastisch gestiegenen Preisen an den Beschaffungsmärkten insbesondere für Gas und Strom prägten das Geschäftsjahr 2022. Nachdem das Jahr 2021 mit einem eher mauen Überschuss von 0,8 Millionen zu Buche schlug, standen für das vergangene Geschäftsjahr 2022 unter dem Strich nun 5,9 Millionen Euro. Grund für den deutlichen Zuwachs ist aber nicht das Abschöpfen der hohen Preise für Gas und Strom, sondern Sondereffekte. So hatte die TWS schon im Vorjahr 2021 aufgrund der starken Verwerfungen auf den Energiemärkten sogenannte Drohverlust-Rücklagen und Rückstellungen eingerichtet, die letztlich nicht in vollem Umfang benötigt und wieder aufgelöst wurden. “Wenn wir das berücksichtigen, bewegen wir uns bei 3,4 Millionen Euro und damit im Durchschnitt der vergangenen Jahre”, sagte TWS-Geschäftsführer Dr. Andreas Thiel-Böhm und betont weiter: “Wir haben aus 2021 wieder einiges aufgeholt.”

Erfreulich war die Entwicklung bei den Stromkunden. Während die Zahl beim Gas stabil war, vertrauten rund 1.800 Privathaushalte mehr den TWS als Stromlieferant als im Vorjahr. Dass der Stromabsatz um 32,4 Prozent zunahm, lag also an den Neukunden. Beim Gas ging der Absatz mitunter wegen der Sparaufrufe beim Heizen und der Warmwasserbereitung um 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die nötige Motivation kam da auch über die Preisentwicklung. Der Gaspreis stieg bis auf das Dreifache – beim Strom auf das Doppelte. Dass die Endkunden von einer kurzfristigen Reaktion der Bundesregierung durch die Gas- und Strompreisbremse Entlastung erfahren haben, war prinzipiell erfreulich. Bürokratie, enorm strenger Verbraucherschutz und fehlendes Gespür der Gesetzgeber für die Praxis zeigen aber viele Probleme auf, welche zunächst die TWS-Mitarbeiter und am Ende der Kunde ausbaden mussten und müssen. So wurde beispielsweise gesetzlich festgelegt, dass die Berechnungsgrundlagen für die Strompreisbremse starr vom 01. Januar bis 31. Dezember gelten. Die meisten Kunden haben allerdings andere Vertragszeiträume. Wie sich das auswirkt, offenbarte Dr. Thiel-Böhm an einem Beispiel. „Es gibt Kunden, die ihre Verrechnung der Strompreisbremse erst im Oktober 2024 erhalten“. Im Gegensatz zu anderen bürokratischen Mängeln des Gesetzgebers  habe die Übernahme des Dezember-Abschlags für Gas- und Wärmekunden aber sehr gut funktioniert. Dass bei den Preisturbulenzen und hohen Belastungen für den Kunden der Verbraucherschutz hochgehalten wird, dafür hat die TWS-Geschäftsführung durchaus Verständnis. Dr. Andreas Thiel-Böhm mahnte aber dennoch viel zu viel Bürokratie an. „Mich würde der Aufschrei interessieren, wenn man damit auch andere Wirtschaftsbranchen belasten würde.“

Sinkende Preise rufen Billiganbieter wieder auf den Plan
Schon in den Jahren zuvor haben viele regionale Versorger wie die TWS mit vermeintlichen Billiganbietern am Markt zu kämpfen. Wie bundesweit berichtet, wurde unzähligen Kunden der Vertrag von derartigen Anbietern wie aus dem Nichts gekündigt. Die TWS hat einige solcher Kunden dann in den Grundversorgertarif aufnehmen müssen. Mit deutlich höheren Preisen, denn die TWS musste den Mehrbedarf zu teureren Konditionen nachkaufen. Was für viele Kunden zunächst überraschend kommt, war aufgrund der mit heißer Nadel gestrickten Preis-Lockangeboten diverser Anbieter allerdings längst abzusehen. „Als regionales Unternehmen würden wir so nie arbeiten, schließlich sehen wir unseren Kunden täglich in die Augen“, sagte Dr. Andreas Thiel-Böhm. Anbieter mit höchst fragwürdiger Preispolitik seien hingegen weit weg. „Da weiß auch niemand, wo der aktuelle Chef gerade sitzt“, ergänzte Thiel-Böhm. Wie auch die TWS beobachten, sind Billiganbieter seit März, mit Beginn wieder sinkender Preise an den Energiebörsen, prompt wieder aus der Versenkung aufgetaucht.

Gutes Jahr für Ertrag von erneuerbare Energien
Ein sonnenreiches Jahr sowie viel Wind sorgten im Jahr 2022 dafür, dass die Leistung aus den Anlagen im TWS-Besitz oder Beteiligung an anderen Gesellschaften um 11,4 Prozent stieg und 80.008 Megawattstunden abgeworfen haben. Rechnerisch kann die TWS ihre 23.000 Kundenhaushalte und kleinere Firmen schon seit geraumer Zeit komplett mit eigenem Öko-Strom versorgen. Grund, sich zurückzulehnen, sei das aber in keinster Weise. „Wir müssen mehr Tempo machen, sonst wird das nichts”, betonte Helmut Hertle, Geschäftsführer der TWS Netz GmbH. Mit über 20 Millionen Euro an Investitionen in Anlagen und Netz habe die TWS selbst ihre Hausaufgaben auch im Jahr 2022 gemacht. Es werden aber noch viel höhere Anstrengungen nötig sein, wie Helmut Hertle weiter verdeutlicht. „Wir brauchen für das Versorgungsnetz 60 Prozent mehr Leistungsfähigkeit”, sagt Hertle. Bis zum Jahr 2030 müssten noch mehr als 200 Millionen Euro an Investitionen dazu kommen. Daher mache es auch Sinn, dass der Gewinn nur zur Hälfte an die Gesellschafter abgeführt werde.

Politische Fehler bringen die Energiewende immer noch ins Stocken
Selten so deutlich wie bei dieser Bilanz-Pressekonferenz wies die TWS auf politische Fehler hin, welche die angestrebte Energiewende in Stocken gebracht haben. Dr. Andreas Thiel-Böhm verwies hier auf die Zeit ab dem Atomausstieg. Obwohl schon vor dem beschlossenen Kohleausstieg klar war, dass die Zukunft ausschließlich in erneuerbaren Energien liegen würde, sorgten Gesetze und Entscheidungen für ein Stocken der Bemühungen. Durch den Wegfall von Förderungen und Subventionen ließ man die deutsche Solarbranche sprichwörtlich über die Klinge springen – zur Freude des Auslandes. Auch infrastrukturell kritisiert TWS-Chef Thiel-Böhm die Politik. „Anstatt auf den Ausbau der Hochspannungstrassen von Nord nach Süd zu drängen, verließ man sich auf billiges Öl und Gas aus Russland. Auch weist Thiel-Böhm darauf hin, dass Russland trotz des Kriegs-Embargos auch jetzt noch der größte Energielieferant Deutschands ist – zwar mit weniger Gas, dafür aber mit Kohle. Er fordert von der Politik auch mehr Anstrengungen, die Bevölkerung aufzuklären und zu sensibilisieren, was auf sie zukomme. „Die Preise werden sicher nicht mehr auf das Niveau zurückkehren, als vor der Krise.“ Es sei damit zu rechnen, dass sich das Preisniveau auf den jetzigen Durchschnitt einpendeln werde. Soll heißen: Der Bürger muss wohl dauerhaft doppelt so viel für Energie im Alltag und Heizung aufbringen, wie er zuvor gewohnt war.

Dass beim Ausbau erneuerbarer Energien auch die Bürokratie abgebaut und die Genehmigungsverfahren straffer sein müssen, verdeutlichte auch Helmut Hertle anhand der Erfahrungen beim Bau von Windkraftanlagen. „Früher hatten wir vom Kaufvertrag bis zum Aufbau vor Ort rund 12 Monate. Jetzt sind es mindestens 14, oftmals 24 Monate. Dass Baumaterialien teurer und knapper werden, verschärft das Problem noch zudem. Auch der Fachkräftemangel ist für die Energiewende Gift. Um regional gegenzusteuern, setzen die TWS noch intensiver auf das mit dem Handwerksunternehmen Lohr gemeinsam betriebene Ausbildungszentrum Schussental.

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