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Straftaten gehen zurück – Niedrigste Belastung der letzten 10 Jahre

Das Polizeipräsidium Ravensburg. Bild: F.Enderle

„Nachdem die Corona-Pandemie bereits im Jahr 2020 deutliche Auswirkungen auf die Kriminalitätsentwicklung hatte, hat sich dieser Einflussfaktor erwartungsgemäß auch im vergangenen Jahr prägend – und in vielen Bereichen positiv – auf die Kriminalitätslage in unserer Region ausgewirkt“, betonte Polizeipräsident Uwe Stürmer bei der Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2021. In der Gesamtbilanz ist die Zahl der Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um über 2.000 Delikte gesunken und hat damit den niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre erreicht.

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Der Kriminalitätsrückgang schlägt sich auch in der sogenannten Häufigkeitszahl, die die Zahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner beschreibt, nieder: Sie ging von 4.497 im Jahr 2020 auf 4.168 (Landesdurchschnitt 4.380) im Jahr 2021 zurück und liegt damit rund 5 Prozent unter dem Landesschnitt!“ „Fakt ist damit, dass der Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Ravensburg (mit den drei Landkreisen Ravensburg, Sigmaringen und Bodenseekreis) nicht nur eine der schönsten, sondern auch eine der sichersten Regionen in ganz Deutschland ist“, so der Polizeipräsident.

Kapitaldelikte
Aufsehenerregende Straftaten und insbesondere Kapitalverbrechen beeinträchtigen das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung nachhaltig. Dieses Gefühl sei zwar nachvollziehbar, entspräche aber in keiner Weise der tatsächlichen Kriminalitätslage, resümiert der Leiter des Polizeipräsidiums Ravensburg. „Jedes Kapitaldelikt ist eines zu viel, dennoch bewegt sich die Gesamtzahl dieser Straftaten vergleichsweise konstant. 2021 wurde in fünf Fällen, davon vier versuchten Taten, wegen Mordes ermittelt. In 14 Fällen wegen Totschlags bzw. Tötung auf Verlangen. Erfreulich ist, dass alle Fälle ausnahmslos aufgeklärt und die Tatverdächtigen jeweils schnell ermittelt werden konnten. Diese stammten zumeist aus dem persönlichen Umfeld der Opfer“.

Gewaltkriminalität
Bei der Gewaltkriminalität und den Körperverletzungsdelikten hat sich die rückläufige Tendenz der vergangenen Jahre weiter fortgesetzt und sowohl bei der einfachen Körperverletzung als auch bei den schweren/gefährlichen Körperverletzungen den niedrigsten Stand der letzten Dekade erreicht. Dieser positive Trend erstreckt sich auch auf die Aggressionsdelikte im öffentlichen Raum. Nach einem Höchststand im Jahr 2018 war seither ein signifikanter Rückgang zu verzeichnen, der 2021 im Vergleich zum Vorjahr einer Abnahme um nahezu 13 Prozent, im Vergleich zum Höchststand 2018 sogar um über 20 Prozent entspricht.

Diese Entwicklung dürfte zu einem Teil auf die pandemiebedingte Veränderung von Tatgelegenheitsstrukturen zurückzuführen sein. Nachdem das Leben im öffentlichen Raum phasenweise stark eingeschränkt war und auch Gastronomiebetriebe und Eventlocations ihren Betrieb herunterfahren oder ganz einstellen mussten, entfielen dadurch auch die negativen Begleiterscheinungen in diesem Bereich. Gleichzeitig wurden durch den Wegfall von Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen beispielsweise aufgrund ausgefallener Veranstaltungen polizeiliche Ressourcen frei, die neben der Überwachung der Corona-Vorschriften zusätzlich zur Erhöhung der Präsenz im öffentlichen Raum genutzt werden konnten und die coronabedingt positiven Effekte noch verstärkt haben dürften.

Häusliche Gewalt
Während viele der vorgenannten Kriminalitätsfelder durch Corona positiv beeinflusst wurden, zeigten sich in anderen Bereichen auch negative Einflüsse der Pandemie. So wurde 2021 ein deutlicher Anstieg der Fälle häuslicher Gewalt von 470 im Jahr 2020 auf nunmehr 523 Taten registriert. Hierfür könnten mitunter längere Anwesenheitszeiten zu Hause aufgrund von Homeoffice oder infolge der zeitweisen Lockdowns verantwortlich sein. Insgesamt zeigt sich in diesem Straftatenfeld seit Jahren ein kontinuierlicher Aufwärtstrend. Zusätzlich muss in diesem Kriminalitätsbereich von einem hohen Dunkelfeld ausgegangen werden, da viele Betroffene sich scheuen, externe Hilfen anzunehmen. Hier gilt es, gemeinsam mit der Justiz, den Frauenhilfe-Organisationen, Hilfetelefonen und anderen Partnern die Anstrengungen weiter zu intensivieren, um durch entsprechende Hilfs- und Beratungsangebote die Bereitschaft bei Betroffenen weiter zu steigern, sich jemandem anzuvertrauen und Unterstützung anzunehmen. Nur so kann es letztlich gelingen, aus diesem Teufelskreis auszubrechen und in der Konsequenz auch die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
Auch im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung setzt sich die Zunahme der letzten Jahre fort. Hauptursächlich dafür dürften mehrfache Verschärfungen des Sexualstrafrechts in den vergangenen Jahren sowie stark zunehmende Verdachtsanzeigen insbesondere aus dem amerikanischen Raum sein. Diese oftmals Messengerdienste betreffenden Mitteilungen der Nicht-Regierungsorganisation NCMEC und das bevorstehende Inkrafttreten der Meldepflicht für Anbieter sozialer Netzwerke nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz dürften auch zukünftig dazu beitragen, dass die Fallzahlen in diesem Kriminalitätsfeld noch weiter steigen.

Wohnungseinbrüche und Diebstähle
Die coronabedingt vermehrte Anwesenheit zu Hause hat mutmaßlich auch die Tatgelegenheiten bei der Wohnungseinbruchskriminalität tatreduzierend beeinflusst. Hier sanken die bereits seit Jahren rückläufigen Zahlen nochmals von 158 Fällen 2020 auf einen historischen Tiefstand von 133 Fällen im vergangenen Jahr. Dabei endete rund die Hälfte der Taten bereits im Versuchsstadium. „Dies beweist, dass technische Sicherungseinrichtungen gerade an Fenstern und Türen signifikant dazu beitragen können, ein Eindringen in die eigenen vier Wände zuverlässig zu verhindern und dadurch Langfingern das Leben schwer zu machen“, betont Polizeipräsident Stürmer und weist in diesem Zusammenhang auf die Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen des Referats Prävention hin, die in allen drei Landkreisen vertreten sind. Diese bieten kostenlos und unverbindlich Vor-Ort-Begehungen und Beratungen rund um das Thema Einbruchsschutz an. Die Kontaktdaten sind auf der Homepage des Polizeipräsidiums Ravensburg unter www.polizei-ravensburg.de abrufbar.

Auch in den anderen Deliktsfeldern der Diebstahlskriminalität (einfacher Diebstahl, Ladendiebstahl, Fahrraddiebstahl, schwerer Diebstahl) waren die Straftaten durchweg rückläufig und erreichten in allen Teilaspekten langjährige Tiefstände.

Anrufstraftaten
Dass polizeiliche Prävention wirkt, zeigt sich auch bei den Anrufstraftaten, den sogenannten „Callcenter“-Betrugsdelikten: nach einem besorgniserregenden Höchststand beim Polizeipräsidium Ravensburg im Jahr 2019 mit 1162 Delikten sanken die Zahlen in den beiden zurückliegenden Jahren rapide auf nunmehr 206 Fälle in 2021. Hier zahlen sich die polizeilichen Anstrengungen, auf breiter Front und wiederkehrend über die perfiden Vorgehensweisen der Täter aufzuklären, offenbar aus. Immer mehr ältere Menschen wissen zwischenzeitlich über die Maschen der Kriminellen Bescheid und legen bei derartigen Anrufen sofort auf, sodass die Täter zumeist erfolglos bleiben. Nichts desto trotz waren in Einzelfällen leider nach wie vor hohe Schadenssummen zu verzeichnen, die für die Betroffenen massive finanzielle und psychische Belastungen bis hin zur Gefährdung der eigenen wirtschaftlichen Existenz bedeuteten.

Computerkriminalität
Auch wenn aufgrund geänderter Erfassungsmodalitäten die Zahlen im Bereich der Computerkriminalität nur eingeschränkt mit denen der Vorjahre vergleichbar sind, zeichnet sich auch hier eine Zunahme und eine weitere Verlagerung des Kriminalitätsgeschehens ins Internet ab. Denn das Netz bietet Tätern gute Möglichkeiten, aus der Anonymität heraus und zudem weltweit zu agieren. Gerade bei den boomenden Cyberangriffen gegen Wirtschaftsunternehmen können im Zuge von Betrugs- oder Erpressungsstraftaten bei einem überschaubaren Entdeckungsrisiko oft hohe Gewinne erzielt werden. „Zentrale Bedeutung kommt hier dem immer aktuell gehaltenen Schutz der betriebsinternen IT-Infrastruktur und dem konsequenten Schließen von Sicherheitslücken zu, um entsprechende Attacken abzuwehren,“ so Uwe Stürmer.

„Wer Polizeibeamte angreift, greift den Staat und damit uns alle an! Dieser Entwicklung muss auf breiter Front entgegengewirkt und entsprechende Übergriffe müssen konsequent zur Anzeige gebracht sowie zügig und angemessen sanktioniert werden, um dem Rechtsstaat wieder den notwendigen Respekt zu verschaffen.“

Polizeipräsident Uwe Stürmer:

Gewalt gegen Polizeibeamte
Eine Ausnahme vom positiven Trend bei den Gewaltstraftaten stellen die Gewaltdelikte gegen Polizeibeamte dar. Nach einem mutmaßlich coronabedingten Rückgang im Jahr 2020 kam es in 2021 erneut zu einem Anstieg, die insgesamt zunehmende Tendenz setzt sich somit abermals fort.

Die Zahlen der politisch motivierten Straftaten will das Polizeipräsidium Ravensburg zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen.

Fazit
„Auch wenn Corona sich in vielen Kriminalitätsbereichen positiv auf die Entwicklung der Straftaten ausgewirkt hat, kann das kein Grund für die Polizei sein, sich zurückzulehnen – im Gegenteil: wir müssen unseren Fokus konzentriert auf die weitere Eindämmung von Hass und Hetze sowie die Eindämmung von Gewalt in jeglicher Form richten. Gemeinsam mit unseren Partnern gilt es dabei, vor allem die besonders vulnerablen Opfergruppen wie Kinder, Frauen und – der demografischen Entwicklung folgend – ältere Mitmenschen bestmöglich zu schützen und wo immer möglich zu verhindern, dass diese Opfer von Straftaten werden“, bilanziert Polizeipräsident Uwe Stürmer. Und weiter: „Das Polizeipräsidium Ravensburg wird dabei auch weiterhin rund um die Uhr mit all seinen Mitarbeitenden als verlässlicher Garant getreu unseres Leitspruchs „Unser Ziel – Ihre Sicherheit“ engagiert daran arbeiten, dass die Menschen in unserer Region sicher leben können.“

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