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Staatsanwaltschaft zieht Jahresbilanz

Alexander Boger, Leiter der Staatsanwaltschaft Ravensburg. Bild: Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft Ravensburg blickt auf außergewöhnliches Jahr 2020 zurück. Die Zahl der Ermittlungsverfahren ist im vergangenen Jahr im Bezirk der Staatsanwaltschaft Ravensburg erneut deutlich gestiegen. Insgesamt waren von den 84 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr als 26.000 Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte zu bearbeiten. Das sind etwa tausend Verfahren mehr als im Vorjahr.

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Dazu kamen im Jahr 2020 die Beeinträchtigungen durch die Pandemie, die auch die Arbeit der Justiz stark verändert hat: Während des Lockdowns war und ist möglichst im Homeoffice zu arbeiten und die Gerichtsverfahren finden mit Einhaltung strenger Abstandsregeln, Lüften und Plexiglasscheiben statt. Dank der zwischenzeitlich sehr guten EDV-Ausstattung ist den mittlerweile 32 Staatsanwältinnen und Staatsanwälten eine Arbeit von zu Hause aus gut möglich. Damit gelang es im vergangenen Jahr mehr als 26.500 Verfahren zu erledigen und damit sogar den Bestand offener Verfahren zu reduzieren.

2020 wurden 2666 Anklagen und mehr als 5000 Strafbefehle bei den Amtsgerichten und dem Landgericht des Bezirks, der die Landkreise Ravensburg und Biberach sowie die Altkreise Friedrichshafen und Bad Saulgau umfasst, beantragt. Die Vollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft hat 209 Freiheitsstrafen ohne Bewährung, 521 Freiheitsstrafen mit Bewährung und 4486 Geldstrafen vollstreckt.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Ravensburg, Alexander Boger, weist in seinem Rückblick auf die Arbeit seiner Behörde darauf hin, dass der wochenlange Lockdown zu erkennbaren Verschiebungen zwischen den einzelnen Deliktsbereichen geführt und den Trend von den Diebstahlsdelikten hin zu den Betrugsstraftaten verstärkt hat.

Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls gehen zurück (von 2701 Verfahren im Jahr 2018 über 2625 Verfahren in 2019 auf 2480 in 2020), während Betrugsverfahren deutlich zunehmen (von 4044 Verfahren im Jahr 2018 über 4316 Verfahren 2019 auf 4494 Verfahren in 2020). Diesen Anstieg führt der Leiter der Staatsanwaltschaft Ravensburg in erster Linie auf Straftaten über das Internet zurück. Raffiniert und skrupellos werden dort durch Vorspiegelung falscher Tatsachen und häufig unter Vorgabe einer falschen Identität Kunden getäuscht und zu Zahlungen verleitet, auf die dann keine Warenlieferung erfolgt. Eine effektive Strafverfolgung wird hier dadurch erschwert, dass die Täter häufig vom Ausland agieren.

Alexander Boger ist deshalb sehr froh, dass zum 1.Juli 2020 eine neue Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg eingerichtet werden konnte, die sich im Schwerpunkt der Cybercrime-Verfahren annimmt. Diese Abteilung, in der mittlerweile sechs Staatsanwältinnen und Staatsanwälte beschäftigt sind, wird geleitet von Frau Oberstaatsanwältin Christine Weiss. Auch Strafverfahren gegen die sexuelle Selbstbestimmung nahmen 2020 stark zu. Während 2018 noch 250 Verfahren zu bearbeiten waren, stieg diese Zahl im vergangenen Jahr auf 321 Verfahren.

Die Straftaten wegen der Verbreitung pornographischer Schriften und Bilder haben sich seit 2018 sogar fast verdoppelt auf insgesamt 202 Verfahren in 2020. Diese Zunahme ist mit der zunehmenden Verbreitung auch kinderpornographischer Bilder über soziale Medien und Chatgruppen und intensive Ermittlungsmaßnahmen in diesem Bereich zu erklären. Der Gesetzgeber beabsichtigt bei diesen Delikten deutliche Strafverschärfungen. Aber auch schon nach der aktuellen Gesetzeslage ist hier eine Gefängnisstrafe möglich.

Ebenfalls mit den digitalen Medien hängt die starke Zunahme der politischen Strafsachen von noch 51 Verfahren im Jahr 2018 auf 201 Verfahren 2020 zusammen. Die Ermittlungsbehörden haben hier die Beobachtung in den sozialen Medien deutlich intensiviert. Aufgrund des geplanten „Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ ist mit einer weiteren starken Zunahme der Fallzahlen zu rechnen.

Insgesamt ist zu beobachten, dass die Hemmschwelle zu Angriffen gegenüber Amtsträgern spürbar abnimmt. Dem sind in besonderem Maße Polizeibeamte und auch Vertreter der Justiz ausgesetzt.

 

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