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Landkreis RV

Fachtag „Starke Netzwerke vor Ort – Schulabsentismus vermeiden“

Schule schwänzen ist ein ganz aktuelles Thema an nahezu allen Schularten. Das große Interesse mit rund 150 Teilnehmern, die sich vergangene Woche zum Fachtag „Starke Netzwerke vor Ort – Schulabsentismus vermeiden“ in Amtzell trafen, zeigt dies deutlich.

Konkrete Zahlen gibt es kaum, aber jeder Lehrer und so gut wie jede Schule kennt das Problem notorischer Schulschwänzer. Dass man hier und da mal eine Unterrichtsstunde schwänzt ist für Ludger Baum, Leiter des Regionalen Bildungsbüros im Ravensburger Landratsamt, „nicht das Problem, das kann schon mal vorkommen“. Ihm machen vielmehr die Schülerinnen und Schüler Sorgen, bei denen es längst nicht mehr nur um die eine oder andere Fehlstunde geht. Fehlen Kinder und Jugendliche regelmäßig und viel im Unterricht ist damit nach seinen Erfahrungen nämlich oft auch eine soziale Verwahrlosung verbunden. Seit vergangenem Schuljahr gibt es deshalb einen „Handlungsleitfaden bei Schulabsentismus“, der für alle Schulen im Schulamtsbezirk Markdorf bindend ist. Dieser Leitfaden wurde unter Mitwirkung schulischer und außerschulischer Experten vom Schulamt entwickelt und beim Fachtag erläutert. Dass es bei diesem Thema auf den Seiten der Pädagogen bisher viel Unsicherheit über ein geeignetes Vorgehen und mögliche Unterstützungsangebote gab, bestätigen denn auch die Rückmeldungen der Teilnehmenden. Weil Schulabsentismus, wie das Schule schwänzen im Fachjargon heißt, immer eine lange Entwicklungszeit hat, ist ein frühes Eingreifen umso entscheidender, weiß

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Baum wie auch um die damit verbundenen Schwierigkeiten. „Viel Sensibilität, aber eben auch klare Strukturen“ seien hier vonnöten. Organisiert wurde der Fachtag vom Regionalen Bildungsbüro, dem Staatlichen Schulamt Markdorf und dem Kreisjugendamt. Gerade den Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern des Jugendamtes kommt dabei die wichtige Rolle des „Vorposten der Jugendhilfe“ an den Schulen zu. Allerdings können und dürfen Lehrkräfte und Schulleitung nicht entlastet werden von Ihrer Verantwortung für pädagogische und rechtliche Schritte, waren sich die Teilnehmer des Fachtags einig. Wie und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen das Jugendamt Beratungsangebote machen kann, im Einzelfall aber auch mal zum Eingreifen verpflichtet ist, legte dessen stellvertretender Leiter Winfried Wiedemann dar. Unter welchen Umständen Schulabsentismus entsteht, verdeutlichte Hendrik Heisch von der Schulpsychologischen Beratungsstelle. Die Realschule Wangen stellte dazu ein Konzept vor, wie man mit weiteren beteiligten Stellen wie beispielsweise der örtlichen Polizeibehörde ein Netzwerk aufbauen kann, das bei notorischem Fehlen in der Schule greift. Dass der Übergang auf die beruflichen Schulen zu einer Sollbruchstelle beim regelmäßigen Schulbesuch führen kann, dokumentierte Peter Greiner, geschäftsführender Schulleiter der Beruflichen Schulen im Landkreis gemeinsam mit der Ravensburger Jugendberufshilfe.

Viel Zuspruch fand auch der Workshop von Dr. Isabel Böge, Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie des ZfP Weissenau. Sie stelle das Forschungsprojekt Contiunuum of Care School (CCSchool) vor, das eine psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen an der Schule gewährleisten kann, ohne dass solche Kinder stationär aufgenommen werden müssen. die stellvertretende Landrätin Eva-Maria Meschenmoser machte in ihrer Einführung deutlich, dass Schule schwänzen, Schulangst, aber auch das elterliche Zurückhalten vom Schulbesuch kein rein privates Problem ist. „Schulabsentismus geht uns alle an!, lautete ihr Appell. Dauerhafte Sensibilisierung, beherztes Hinschauen, frühes Eingreifen und gutes Abstimmen verschiedener Angebote und Maßnahmen seien in solchen Fällen das „Gebot der Stunde“.

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