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Wirtschaft und Business

Energiewende: regionale Unternehmer diskutieren in Berlin

Dr. Sebastian Bolay vom DIHK (Bildmitte), Referatsleiter Strommarkt und erneuerbare Energie, empfängt im Haus der Deutschen Wirtschaft die IHK-Unternehmerdelegation aus Bodensee-Oberschwaben in Berlin. Auf dem Programm standen das BWWi und das BMU. Bild: IHK/Jens Schicke

Mitglieder des Energieausschusses der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben haben in Berlin mit Vertretern der beiden Bundesministerien für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) über die Energiewende und den Klimaschutz diskutiert. Schwerpunkte der Gespräche waren die mangelnde Rechts- und Planungssicherheit, die überbordende Bürokratie und die Chancen bei der Gebäudesanierung.

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Weingarten/Berlin – „Wir unterstützen die Idee einer Energiewende und wollen die Energieversorgung unserer Unternehmen nachhaltig und zukunftsfähig gestalten. Wir brauchen dazu aber die Unterstützung der Politik und an einigen Stellen bessere Rahmenbedingungen, um richtig investieren zu können. Deshalb sind wir nach Berlin gefahren“, erläutert Dr. Andreas Huther, Geschäftsführer der puren gmbh in Überlingen und Vorsitzender des IHK-Energieausschusses, den Grund für die Unternehmerdelegation aus Bodensee-Oberschwaben. Die Gespräche mit dem Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium kamen dank der Unterstützung der Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerien für Wirtschaft und Energie, sowie Martin Gerster (SPD) zustande.

Mit konkreten Beispielen aus ihrer Praxis erläuterten die Vertreter der Unternehmen enerquinn GmbH aus Weingarten und Verallia Deutschland AG aus Bad Wurzach den Ministerien die Komplexität der gesetzlichen Konsequenzen bei Investitionsentscheidungen. Mittlerweile sei es schwieriger, Effizienzmaßnahmen und Eigenerzeugungsanlagen in den Unternehmen umzusetzen, weil immer wieder Gesetze während des Planungszeitraumes novelliert würden. Auf Investitionsentscheidungen wirke sich die fehlende Rechts- und Planungssicherheit aber sehr hemmend aus, so die Unternehmenssprecher. Hinderlich sei auch, dass einmal bewilligte Förderungen von erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen durch EU-Recht im Nachhinein in Frage gestellt werden. Die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) fordert daher schon lange, energiepolitische Entscheidungen mit der EU im Vorfeld abzustimmen und insgesamt weniger regulatorische Eingriffe vorzunehmen. Das Wirtschaftsministerium zeigte Verständnis für die Belange der Unternehmen und war teilweise auch überrascht von deren konkreten Umsetzungsproblemen. Trotz der komplizierten Gesetzeslage sei man bestrebt, die Transparenz für Unternehmen nicht unnötig zu erschweren.

Außerdem diskutiert wurde die Notwendigkeit aus Unternehmersicht, die bürokratischen Anforderungen und die damit verbundenen Kosten zu senken. Erklärungspflichten, Meldefristen, formelle Hürden bei Anträgen und nicht nutzbare Potenziale von Eigenerzeugung aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen machen Unternehmen wie der HTU Härtetechnik Uhldingen-Mühlhofen GmbH und dem Zweckverband der Bodensee-Wasserversorgung in Sipplingen unnötig das Leben schwer. Die Unternehmerdelegation hob bei ihrem Besuch in Berlin nochmals die IHK-Forderung einer schnellen Entbürokratisierung der Energiewende hervor. Zudem, so die Forderung, seien die Behörden gefordert, ihre Daten besser untereinander auszutauschen.

Auch das Thema Gebäudestandards stand im Mittelpunkt der Gespräche mit den Ministerien. „Die nachhaltigste und umweltfreundlichste Energie ist jene, die gar nicht erst verbraucht wird“, betonte Ausschussvorsitzender Huther. Dabei sei der Gebäudesektor maßgeblich an dem Gelingen oder auch Scheitern der Energiewende und an der Erreichung der Klimaschutzziele beteiligt. Rund 37 Prozent am Gebäudeenergieverbrauch gingen auf das Konto der Nichtwohngebäude. „Die allgemeine Gebäudesanierungsrate liegt derzeit bei unter einem Prozent pro Jahr, das heißt, es brauche über hundert Jahre, bis der Gebäudebestand energieeffizient ist. Das muss sich grundlegend ändern“, mahnte Huther im Bundesumweltministerium an. Deshalb sei es wichtig, dass Anreize für die energetische Sanierung von Gebäuden und Energieeffizienz technologieoffen gestaltet sind. Die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung mit der dazugehörenden Anlagentechnik sowie insbesondere die Einführung der degressiven Abschreibung (AfA) könnten aus Sicht der Unternehmer weitere Investitionen auslösen. Das Umweltministerium dankte für den konstruktiven Austausch und hob die Wirtschaft als wichtigen Akteur bei der Gestaltung der Energiewende hervor.

Nach der Reise zeigten sich die Unternehmensvertreter aus Bodensee-Oberschwaben positiv: „Die Reise hat sich in jedem Fall gelohnt. Wir sind ernst genommen worden mit unseren Anliegen. Wir haben einmal mehr gemerkt, wie wichtig es ist, der politischen Ebene mit Beispielen aus der Praxis die konkrete Umsetzung ihrer Gesetze und Vorhaben aufzuzeigen. Vielleicht sollte man öfters nach Berlin fahren“, so Huther.

Teilnehmer der Delegationsreise:
Richard Balzer, Spörl KG
Joachim Böttiger, Verallia Deutschland AG
Rainer Doldinger, RAFI GmbH & Co. KG
Christoph Drusenbaum, Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung
Siegfried Heger, HTU Härtetechnik Uhldingen-Mühlhofen GmbH
Dr. Wolfgang Heine, IHK Bodensee-Oberschwaben
Dr. Andreas Huther, puren gmbh
Stefan Kesenheimer, IHK Bodensee-Oberschwaben
Mark Lehnertz, enerquinn GmbH
Christopher Raiser, Kneissler Brüniertechnik GmbH
Martin Rawe, Vetter Pharma-Fertigung GmbH & Co. KG
Arnold Roth, ifm electronic gmbh
Gregor Schnell, Grieshaber Logistik GmbH
Dr. Swantje Thiele, Verallia Deutschland AG
Karsten Uitz, SIMAKA Energie- und Umwelttechnik GmbH

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