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Kultur und Events

Die Schönheit verlassener Gebäude

Die Ausstellung „Lost Places“ mit 13 Fotografien von Gerhard Krönes ist ab sofort im Foyer des Hauptgebäudes der RWU zu sehen. Bilder: Prof. Dr. Gerhard Krönes

Gerhard Krönes ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU). Dass er sich jenseits von Forschung und Lehre in seinem Fachgebiet auch für die Fotografie und die Erkundung vergessener Orte begeistert, das belegt ab sofort eine Ausstellung seiner Bilder im Foyer des Hauptgebäudes der RWU.

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Sitzt man Gerhard Krönes gegenüber, so sieht er mit Anzug und farbigem Hemd auf den ersten Blick nicht zwingend so aus, wie man sich einen Urban Explorer, kurz Urbex, vorgestellt hat. Diese erkunden leerstehende Gebäude, verrammelte Räume, Katakomben und Dächer, nicht selten auch Industrieruinen oder Kanalisationen. Im Gespräch wird aber schnell klar, dass das Urbex-Virus von Gerhard Krönes Besitz ergriffen hat.

Es war im Jahr 2016, als er auf einer Radtour durch die Oberlausitz die leerstehenden Fabriken der einst blühenden Textilindustrie sah, aber nicht betreten konnte. Wieder zu Hause ging er der Sache nach und stieß auf einen Anbieter für Fototouren. So kam er in die Heilstätten Beelitz südlich von Potsdam, die heute denkmalgeschützten „Arbeiter-Lungenheilstätten“ aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Das war der Anfang.

„Man muss die bauliche Schönheit noch sehen“
Doch in Deutschland ist der Zugang zu solchen alten Gebäude meist nicht möglich. Über die Bilder des Fotografen Sven Fennema kam Krönes auf die Idee, sich in Italien auf die Suche zu begeben. 2017 fand dann die erste Expedition jenseits der Alpen statt. „Wir haben viel entdeckt“, erzählt Krönes begeistert. „Viele Objekte scheinen verschlossen, aber irgendeine Tür ist dann doch offen.“ Es folgen weitere Reisen in den folgenden Jahren. Von seinen Entdeckungen möchte er keine als die ganz besondere herausstellen. Stattdessen sei es vielmehr die immer neue Spannung. „Man weiß nie, ob man reinkommt, wie es ist, ob es sich lohnt.“

Ein Teil der Faszination scheint auch von der Suche und Vorbereitung auszugehen. Akribisch plant Krönes seine Reisen. Einem Gebäude kam er mal auf die Schliche, weil er auf einem Foto im Internet ein Handwerkerschild entdeckt hatte. Indem er diesen Handwerksbetrieb ausfindig machte, konnte er den Radius eingrenzen, in dem sich das gesuchte Objekt wohl befinden musste.

Welche Kriterien muss ein Objekt neben der Tatsache, dass es verwaist ist, erfüllen, damit es interessant wird? „Ich möchte keinen Schrott fotografieren“, sagt Krönes. „Man muss die bauliche Schönheit noch sehen.“ Also sind es vorwiegend Villen, Schlösschen, Klöster oder Kirchen aus dem 19. Jahrhundert, die vor Krönes‘ Linse landen. Man sieht noch die aufwändigen Konstruktionen von Treppenhäusern, Wandvertäfelungen, Stuckdecken, prunkvolle Säle, edle Bäder oder große Fensterfronten in mittlerweile heillos verwilderten Gärten. Schätze im Niedergang.

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