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Ravensburg

Kinder überschuldeter Eltern besonders armutsgefährdet

In Baden-Württemberg sind nach dem „SchuldnerAtlas Deutschland 2019“ knapp 750.000 Menschen überschuldet. Viele davon sind Familien mit Kindern. Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg fordert zur landesweiten „Aktionswoche Schuldnerberatung“ existenzsichernde Sozialleistungen sowie eine Kindergrundsicherung zum Schutz vor Armut trotz Überschuldung. Notwendig seien ein allgemeinverbindlicher Rechtsanspruch auf kostenlose Schuldnerberatung sowie der bedarfsgerechte Ausbau und eine gesicherte Finanzierung, so der Verband.

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In Ravensburg liegt die Überschuldungsquote bei 7,08 Prozent. „Wir beraten viele Familien. Leider sehen wir immer wieder, dass sich prekäre Arbeits- und Familienverhältnisse in der nächsten Generation fortsetzen, somit auch finanzielle Schwierigkeiten wieder auftreten“, bestätigt Fritz Kesenheimer, der mit seiner Frau Aina die Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle SOS Ausweg e.V. betreibt. „Deshalb müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen so verändert werden, dass der Ausweg aus der Schuldenspirale für überschuldete Menschen und ihre Kinder leichter wird. Wichtig ist eine kostenlose Schuldnerberatung für alle“, so Kesenheimer. Eine kostenfreie Beratung durch Landratsämter richte sich primär an ALG II-Bezieher und sei häufig mit einer langen Wartezeit verbunden. „Kostenpflichtige Rechtsanwälte sind für überschuldete Menschen keine Alternative“, so Kesenheimer.

„Die finanzielle Notlage überschuldeter Eltern beeinträchtigt die Lebenssituation von Kindern erheblich. Das Familienleben dreht sich vor allem um die Sorge, ob die nächste offene Rechnung bezahlt werden kann und das Geld ausreicht, um Miete, Lebensmittel und andere Geldforderungen zu begleichen. Da kommen die Kinder häufig zu kurz“, betont Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Aber den Kindern fehle es nicht nur an Geld. Arm sein bedeute oft auch, ausgeschlossen zu sein. „Chancengerechtigkeit und Bildungserfolg hängen leider immer noch eng mit der finanziellen Situation von Familien zusammen. Wir brauchen eine Kindergrundsicherung, die an ein realistisch berechnetes kindliches Existenzminimum gekoppelt ist und Bildung und Teilhabe ermöglicht“, ergänzt Wolfgramm. In der neuen Leistung könnten Kindergeld, Kinderzuschlag, Bildungs- und Teilhabepaket sowie Kinderfreibetrag zusammenfließen und würden nebenbei erheblich zum Bürokratieabbau beitragen.

Die aktuelle Corona-Krise verschärfe die Situation überschuldeter Menschen. So sei der Schutz vor Pfändungen und die Beantragung von Sozialleistungen oder anderen Hilfen aktuell deutlich erschwert. Aber schon vor Corona sei der Zugang zu kostenfreier Schuldnerberatung nicht für alle Menschen möglich gewesen. Wolfgramm fordert daher umfassende Reformen: „Wir brauchen einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle.“

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