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Blutritt kommt nicht auf Kulturerbe-Liste

Archivbild: Kim Enderle

Der Weingartener Blutritt wird aktuell nicht in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Dies teilt die Stadtverwaltung unter Berufung auf eine entsprechende Entscheidung der Kultusministerkonferenz der Länder im März mit.

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In einem Antwortschreiben an die Stadt, die katholische Kirchengemeinde St. Martin und die Blutfreitagsgemeinschaft als gemeinsame Antragsteller würdigt die Deutsche UNESCO-Kommission die identitätsstiftende Funktion des Weingartener Blutritts in der Region. Auch sei der Blutritt von großem zivilgesellschaftlichen Engagement geprägt. Ausschlaggebend für die dennoch zurückhaltende Bewertung sei die vom Expertenkomitee beanstandete Offenheit des Brauchtums in der Frage einer möglichen Teilnahme von Frauen an Europas größter Reiterprozession.

„Weingarten bedauert diese Entscheidung“, teilt Oberbürgermeister Markus Ewald in einer gemeinsamen Presseerklärung der Antragsteller mit. „Auch wenn die Genderfrage heutzutage in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu Recht gestellt wird, ist es nicht zwingend nachvollziehbar, warum die von der UNESCO angestrebte Bewahrung kultureller Traditionen, und darum handelt es sich bei der seit Jahrhunderten durchgeführten Männerwahlfahrt, nicht anerkannt wird.“

Diese Einschätzung teilt Dekan Ekkehard Schmid, der als Heilig-Blut-Reiter alljährlich den Segen an Blutreiter und Pilger spendet. Trotz der jahrhundertealten Wurzeln der Männerwallfahrt sieht er die Heilig-Blut-Tradition in einem ausgewogenen Verhältnis von Bewahrung und Erneuerung. „Eine Anerkennung hätte ich den vielen Blutreiterfamilien und allen, die den Blutfreitag hoch und lebendig halten, gewünscht. Zugleich bin ich überzeugt, dass diese Absage dem großen Engagement und der inneren Einstellung diesem kirchlichen Festtag Oberschwabens gegenüber keinen Abbruch tun wird. Denn am Ende war und ist es eine andere Motivation, die das Phänomen Blutfreitag seit Jahrhunderten einmalig macht“, betont der Dekan.

Viel schwerer als die unterbliebene Eintragung in das Kulturerbeverzeichnis wiegt daher für viele die Absage des diesjährigen Blutritts, die aufgrund der aktuell geltenden Einschränkungen während der Corana-Pandemie notwendig geworden ist. Ein Blutfreitag ohne Reiterprozession – das ist in Oberschwaben kaum vorstellbar.

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