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Blutfreitag in Weingarten wieder ohne Einschränkungen

Archivbild: F.Enderle

Der Freitag nach Christi Himmelfahrt ist im oberschwäbischen Weingarten Feiertag. Die Verehrung der Heilig-Blut-Reliquie am sogenannten Blutfreitag gehört seit mehr als 900 Jahren zum festen Brauchtum der Stadt. Bis zu 2.500 Wallfahrer – und in diesem Jahr erstmals auch Wallfahrerinnen – begleiten ihn bei Europas größter Reiterprozession hoch zu Ross. Die Festpredigt am Vorabend hält Abt German Erd vom Stift Stams im Tiroler Oberland. Auch aus Weingartens italienischer Partnerstadt Mantua reist eine Delegation an.

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Erhaben thront Deutschlands größte Barockbasilika, umrahmt von einer mächtigen Klosteranlage, auf dem Weingartener Martinsberg. Ihr kostbarster Schatz verbirgt sich im Inneren, das gerade wegen Renovierungsarbeiten teilweise eingerüstet ist. Im Altar unter der Kuppel befindet sich die Heilig-Blut Reliquie in Form eines mit Edelsteinen besetzten Kreuzes, die der Legende nach mit Erde vermischtes Blut von der Kreuzigung Christi enthält. In der oberitalienischen Stadt Mantua im Jahr 804 erstmals aufgefunden, in den Wirren der Geschichte versteckt und in Vergessenheit geraten, wurde sie 1048 wiederentdeckt und später zwischen der Stadt Mantua, dem Papst in Rom und dem deutschen Kaiser Heinrich III. geteilt.

Der kaiserliche Teil gelangte 1094 über die Welfengemahlin Judith von Flandern ins Benediktinerkloster Weingarten, das die Welfen zuvor auf dem dortigen Martinsberg gegründet hatten und das noch heute Grabstätte des europäischen Adelsgeschlechts ist. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich eine starke Wallfahrtstradition, deren Höhepunkt bis heute alljährlich der sogenannte Blutritt ist. Die Feierlichkeiten beginnen am Tag von Christi Himmelfahrt mit der Anreise der rund 100 aus ganz Oberschwaben und darüber hinaus teilnehmenden Reitergruppen. Nachdem die Lichterprozession in den vergangenen beiden Jahren nur auf die Basilika beschränkt und im Livestream zu sehen war, begeben sich Gäste und Einheimische nun wieder wie vor der Pandemie um 19.15 Uhr zur Messe in die Barockbasilika. Nach der Festpredigt um 20.30 Uhr, die auch auf den Basilikavorplatz übertragen wird, ziehen die Gläubigen bei Einbruch der Dunkelheit in einer Lichterprozession betend und singend durch die festlich erleuchtete Stadt zur Andacht auf den nahegelegenen Kreuzberg.

Den Höhepunkt bildet der darauffolgende „Blutfreitag“. Mit der feierlichen Übergabe des Reliquiars an denHeilig-Blut-Reiter pünktlich um 7 Uhr beginnt die Reiterprozession, die in dieser Form und Größe einmalig in Europa ist. Nach zwei berittenen Begleitern 2020 und zwölf im Folgejahr, als jeweils die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, erwartet die Stadt jetzt wie vor Corona bis zu 2.500 Reiterinnen und Reiter in Frack und Zylinder, darunter auch die jeweiligen Pfarrer oder andere Priester und Pastorale Mitarbeiter. Während Ministrantinnen schon seit Jahren mitreiten dürfen, macht ein Beschluss des Kirchengemeinderats St. Martin in Weingarten dies nun erstmals auch erwachsenen Frauen möglich. Die Entscheidung über
deren Teilnahme treffen die jeweiligen Ortsgruppen.

Die Prozession zieht mit der Weingartener Gruppe und dem Heilig-Blut-Reiter etwa in der Mitte auf einem zehn Kilometer und drei Stunden langen Weg durch die Stadt und die angrenzenden Flure, wo die Teilnehmenden betend um den Segen Gottes für die Natur, für sich und für ihre Familien bitten. Begleitet von den jeweiligen Musikkapellen führt der Zug durch das Spalier der zahlreichen Pilger und Touristen zunächst am Rathaus der Stadt vorbei, in das Weingartens designierter Oberbürgermeister Clemens Moll und Bürgermeister Alexander Geiger Gäste aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche sowie die“BlutreiterVeteranen“ geladen haben. Die baden-württembergische Landesregierung wird in diesem Jahr von Sozial-, Gesundheits- und Integrationsminister Manne Lucha vertreten.

Die Rückgabe der Heilig-Blut-Reliquie erfolgt gegen 11.15 Uhr auf dem Äußeren Klosterhof. Festgast Abt German Erd und weitere Geistliche geleiten mit den Ministrantinnen und Ministranten das Kleinod in feierlicher Prozession in die Basilika zurück. Der festliche Abschluss erfolgt gegen 11.30 Uhr in der Basilika mit dem Pontifikalamt, das Chor und Orchester musikalisch bereichern. Für die Reiter, die zum Teil von Kindesbeinen an am Blutritt teilnehmen, die Reiterinnen und die bis zu 30.000 Pilger entlang des Weges ist die Prozession ein tiefes Bekenntnis zu ihrem christlichen Glauben.

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