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OB Daniel Rapp stellt das „Gemeinsam“ bei den Herausforderungen in den Fokus

Bürgerempfang auf der Oberschwabenschau. Bilder: F.Enderle

Inzwischen zum beliebten Brauch zählt der Bürgerempfang der Stadt Ravensburg auf der Oberschwabenschau. Im bis auf den letzten Platz gefüllten Show-Zelt sprachen neben Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp auch Sozialminister Manne Lucha, der den verhinderten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann vertrat.

Der Bürgerempfang auf der Oberschwabenschau steht seit Jahren für die attraktive Möglichkeit, die Bürgerschaft und Vertreter von Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik sowie Institutionen in lockerer Weise zusammenzubringen. „Man kennt sich“ lautet da vielfach die Devise und mit einem Gläschen Sekt in der Hand stimmen sich die Besucher auf ein paar Stunden Besuch auf der traditionsreichen Verbrauchermesse ein und sind gespannt, welche Themen auf der Bühne besonders in den Fokus gerückt werden.

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Nach dem schwungvollen Auftritt von „Oberschwaben-Brass“ unter der Leitung von Musikdirektor Harald Heppner hatte Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp ein ganzes Themenpaket geschnürt – passend zu den aktuellen Gegebenheiten und Herausforderungen, die vielfältiger und anspruchsvoller kaum sein könnten. Dabei blickte er zunächst auf die großen Brocken der vergangenen Jahre zurück, wie den Gewerbesteuer-Rechtsstreit mit der WGV, die Flüchtlingskrise im Jahr 2015, die Corona-Pandemie, das starke Unwetter mit Hochwasser oder den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. „Wir haben uns all diese Herausforderungen nicht ausgesucht. Sie wurden uns von der Geschichte übertragen. Und dennoch sieht man: Viele der großen Fragen unserer Zeit können nur vor Ort, also auf kommunaler Ebene, gelöst werden“, sagte Daniel Rapp. Dabei verwies er auf die Gesellschaft, die oft mit dem Finger auf die Politik zeige. „Wer ist die Politik? In einer Demokratie sind das wir alle“, sagte der Oberbürgermeister und merkte an, dass Lösungen nur nachhaltig gesucht werden könnten, wenn das Zusammenspiel zwischen Europa, Bund, Land und Kommunen auf faire Weise funktioniere.

OB Rapp räumte ein, dass die Lösung der Fragen viel Geld koste, und sprach hier gleich den in der ersten Reihe sitzenden Minister Manne Lucha an: „Wir brauchen daher eine faire Neugestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Land und Kommunen! Dafür brauchen wir keine neuen Steuern. Es würde schon enorm viel helfen, wenn die Kommunen statt der derzeit 15 Prozent an der Einkommensteuer künftig 20 Prozent bekämen.“ Zugleich lobte Rapp das Land Baden-Württemberg, das 66 Prozent des vom Bund Zugewiesenen an die Kommunen verteilen wolle.

Das Ravensburger Stadtoberhaupt mahnte an, dass es in Deutschland noch viel zu viel Bürokratie gebe. Zwar brauche es klare Regeln, doch das immer fester angezogene Korsett scheine die Bürger, aber auch die Kommunen regelrecht zu ersticken. Bei der Flut an Verordnungen und Gesetzen sprach Rapp in Richtung Polizeipräsident Uwe Stürmer die erst vor wenigen Wochen in Betrieb gegangene Videoüberwachung am Bahnhof an: „Das hat jetzt sechs Jahre gedauert, da könnten wir Ihnen auf dem Weg dorthin so einiges erzählen“, sagte Rapp.

Ein besonders wichtiges Thema auch in Ravensburg ist „bezahlbarer Wohnraum“. Auch hier müsse pragmatisch an die Sache herangegangen werden, wenngleich der Handlungsspielraum einer Kommune begrenzt sei. „Wir können weder bei der Schwierigkeit der Finanzierung helfen noch können wir an den davon galoppierten Baukosten etwas ändern“, so Rapp. Er verwies darauf, dass die Möglichkeit der Erbpacht nun auch für private Bauvorhaben ermöglicht wurde. „Dann hat man zumindest nicht das Finanzierungsproblem für den Kauf des Grundstücks auf einen Schlag.“ Auch habe die Stadt Ravensburg die städtischen Regeln und Verfahren vereinfacht und vor allem komplett digitalisiert. Ein wichtiges Thema sei auch die Nutzung bislang ungenutzter Dachböden in Mehrfamilienhäusern der 1950er bis 1970er Jahre. „Wir könnten alleine in Ravensburg 2500 Wohnungen schaffen.“ OB Rapp hofft, dass der vom Bund aktuell beschlossene Bau-Turbo hilft, dieses Potenzial zu nutzen. Ein weiteres Problem: Derzeit ist der Bau von 250 Wohnungen genehmigt, diese werden allerdings aufgrund der Unwirtschaftlichkeit nicht realisiert.

Rapp erinnerte daran, dass Ravensburg und Weingarten schon seit geraumer Zeit ein Bündnis für bezahlbaren Wohnraum auf den Weg gebracht haben. Der Markt sei dadurch nicht einfacher geworden. Die Kommunen müssten selbst mehr Wohnungen schaffen, konkret geförderten Wohnraum.

Apropos „auf den Weg bringen“: Dem Oberbürgermeister schwebt vor, dass die Stadt mehr vom Wohnverwalten zum Wohnbauen übergeht. Eine städtische Wohnbaugesellschaft könnte hier die Lösung sein. „Ich werde in den nächsten Monaten mit einem Vorschlag auf den Gemeinderat zukommen.“

Für die Stadt Ravensburg stehen auch große Herausforderungen beim Thema Bildung an. „Wir werden in den kommenden Jahren in keinem Bereich so viel investieren wie in die Bildung. Wir werden am Kuppelnauplatz eine neue Grundschule bauen. Dadurch schaffen wir im jetzigen Gebäude der Kuppelnauschule Raum, um die Gemeinschaftsschule Ravensburg komplett an einem Standort unterzubringen“, so Rapp. Auch werde ein „Haus der Betreuung“ an der Grundschule in Oberzell geschaffen. Die Oststadt, der dynamisch am stärksten wachsende Teil von Ravensburg, habe mit der Grundschule St. Christina nun eine selbstständige Grundschule und werde perspektivisch auf Zweizügigkeit anwachsen.

Auch beim Umgang mit dem Klimawandel habe Ravensburg viel investiert. Der Oberbürgermeister erinnerte an die entsiegelten Flächen des heutigen Schussenparks, der nicht nur für eine leichte Abkühlung sorge, sondern jungen Menschen auch Möglichkeiten für unbeschwerten Aufenthalt biete. Beim Bestreben, in der Stadt mehr schattenspendende Bäume und Grünflächen zu schaffen, verwies Daniel Rapp auf den Holzmarkt. Hier wird aktuell in der tiefen Baugrube an einer Schwammkonstruktion gearbeitet, die Regenwasser speichert und die künftige Baumgruppe versorgen wird. Auch der Ausbau der Radweginfrastruktur oder die Anschaffung von fünf Elektrobussen seien wichtige Beiträge für den Klimaschutz.

Beim Thema Wirtschaft stehe Ravensburg laut einer Studie des Handelsblatts weitgehend gut da. In Relation zur Bevölkerung gehört Ravensburg bei den erfolgreichsten Unternehmen und bei der Anzahl an Beschäftigten mit über 1.000 Mitarbeitern zu den Top-10-Städten in Deutschland. Täglich pendeln rund 50.000 Menschen nach Ravensburg ein, dazu brauche es auch die entsprechende Infrastruktur – angefangen bei Straßen und Brücken sowie kommunalen und interkommunalen Gewerbegebieten. Auch der Ausbau der Glasfasernetze sowie die Anbindung an das baden-württembergische Kernnetz für Wasserstoff seien hier wichtig. Im Blick behalten müsse Ravensburg auch den örtlichen Handel, der aufgrund der vermeintlich bequemen Alternative „Online“ unter Druck stehe. Dabei biete der Einzelhandel und eine belebte Innenstadt viel mehr Erlebnis für alle Sinne als das Internet. Um den Handel zu stärken, brauche es einen attraktiven Mix aus Einzelhandel und Gastronomie. „Die Kunden müssen die Innenstadt aber auch erreichen können. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass auch künftig die erste Stunde in der Marienplatztiefgarage kostenlos bleibt, ebenso sollte der ÖPNV an Samstagen kostenlos bleiben.“

Zum Abschluss dankte Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp den Mitbürgerinnen und Mitbürgern für ihr ehrenamtliches Engagement. Dieses halte die Stadt lebendig und unterstütze das gesellschaftliche Miteinander bei der Bewältigung der vielen Aufgaben in höchstem Maße. Ravensburg habe schon einst als Freie Reichsstadt eine DNA entwickelt, die sich bis heute in den Menschen und ihrem Engagement zeige. „Wenn es eine Stadt gibt, die alle Herausforderungen meistern wird, dann wir in Ravensburg“, sagte Daniel Rapp abschließend.

Der eigentlich als Hauptredner eingeplante Ministerpräsident Winfried Kretschmann musste aufgrund einer kurzfristig anberaumten Sitzung des Bundesrats nach Berlin reisen und hatte am Freitag sein Kommen abgesagt. Stattdessen überbrachte Sozialminister Manfred Lucha die Grüße des Landesvaters. Ein wichtiges Thema des Landes für die Region Oberschwaben sei die Schaffung eines Biosphärengebiets. „Es bietet langfristige Vorteile für die Region und den ländlichen Raum, Nachhaltigkeit für die Landwirtschaft und auch den Tourismus“, sagte Lucha und erklärte, vorangegangene Beispiele hätten dies bereits bewiesen. Während dieser Worte kam in einigen Sitzreihen Kopfschütteln auf. Zum Hintergrund: Viele Landwirte, Gewerbetreibende und inzwischen ganze Gemeinden sehen ein Biosphärengebiet Allgäu-Oberschwaben äußerst kritisch und befürchten zu viele Einschränkungen. Inzwischen hat sich hierzu auch eine Allianz gebildet, die das Biosphärengebiet in dieser Form ablehnt und einen Stopp der Planungen noch vor der Landtagswahl fordert.

Ein Anliegen von Ministerpräsident Kretschmann war es auch, dass Manfred Lucha die Wichtigkeit der Automobilindustrie betont. Auch in Ravensburg und der Region gebe es viele Zulieferbetriebe, deren Zukunft auf dem Spiel stehe. Der E-Technologie gehöre unbestritten die Zukunft. Ein komplettes Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 sei jedoch zu hinterfragen. „Die Automobilindustrie braucht einen flexibleren Übergang. Hybride Lösungen wären da sicherlich eine Entlastung“, sagte Lucha.

Einige Minuten widmete sich Manne Lucha auch seinem angestammten Thema, dem Gesundheitswesen. So sei es dem Engagement des Landes und des Landkreises durch zweimalige Sonderförderungen in Höhe von jeweils 150 Millionen Euro zu verdanken, dass die Oberschwabenklinik gerettet werden konnte. Die Schließung des OSK-Standorts in Bad Waldsee sei dabei unabdingbar gewesen. Kritik übte Lucha an der aktuellen Bundesregierung, die bei der Reform des Gesundheitswesens nicht an den richtigen Hebeln ansetze. Nicht verkneifen konnte sich Lucha einen Seitenhieb auf Karl Lauterbach, bekanntlich Gesundheitsminister der Ampel-Regierung: „Dieser Mann hat mir in der Zeit der Zusammenarbeit viele Nerven gekostet – letztlich für nichts“, sagte Lucha unter dem Schmunzeln des Publikums. Zum Abschluss bekam auch OB Daniel Rapp noch eine kleine Spitze verpasst: „Bei all Ihren ökologischen Bemühungen in der Stadt Ravensburg passt die Abschaffung der Baumschutzsatzung nicht zusammen.“

Die Oberschwabenschau geht am heutigen Sonntag um 18 Uhr zu Ende. Dann liegen hinter den Ausstellern und Besuchern aus dem gesamten süddeutschen Raum sowie aus Österreich und der Schweiz fünf umtriebige Messetage. Voraussichtlich am Sonntagabend wird die Ravensburger Veranstaltungs GmbH ein Fazit zu den Besucherzahlen veröffentlichen.