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Ravensburger Hebammen bleiben freiberuflich im Belegsystem

Die Hebammen am Ravensburger St. Elisabethen-Klinikum bleiben freiberuflich im Belegsystem. Bild: Oberschwabenklinik

Zum 1. November ist der neue Hebammenhilfevertrag der gesetzlichen Krankenkassen in Kraft getreten – mit massiven Folgen für freiberufliche Hebammen in ganz Deutschland. Davon betroffen sind auch die Dienst-Beleghebammen am St. Elisabethen-Klinikum (EK) der Oberschwabenklinik (OSK) in Ravensburg, die seit Jahrzehnten Schwangere vor und während der Geburt begleiten.

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Trotz aller Hürden halten die Ravensburger Hebammen an ihrem Weg fest und bleiben freiberuflich im Belegsystem. Gemeinsam mit der Geschäftsleitung der OSK wurde in den vergangenen Monaten eine tragfähige Lösung erarbeitet, die sowohl die Versorgung werdender Mütter als auch die Zukunft der freiberuflichen Geburtshilfe am Standort Ravensburg sichert.

„Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit unseren Hebammen eine gute Lösung gefunden haben“, sagt Franz Huber, Geschäftsführer der OSK. „Uns war wichtig, die Wünsche der Hebammen ernst zu nehmen und ihre Arbeit so zu gestalten, dass sie weiterhin in ihrem bewährten System tätig sein können. Das ist eine gute Nachricht für die Geburtshilfe in der Region.“

Mit der Entscheidung der Ravensburger Hebammen für die Freiberuflichkeit und dem Wechsel der Wangener Kolleginnen in ein Angestelltenverhältnis bietet die Oberschwabenklinik künftig zwei unterschiedliche Modelle der Geburtshilfe innerhalb des Klinikverbunds. „Wir respektieren es ausdrücklich, dass sich die Teams an den Standorten unterschiedlich entschieden haben“, betont Franz Huber „Entscheidend ist, dass die Versorgung der werdenden Mütter gesichert ist.“

„Der neue Hebammenhilfevertrag legt fest, dass freiberuflich in Kliniken tätige Hebammen künftig nur 80 Prozent der Beträge für ihre Leistungen abrechnen dürfen, wenn sie Gebärende betreuen. Ab der zweiten Frau sinkt die Vergütung auf 30 Prozent, ab der vierten ist gar keine Abrechnung mehr möglich – die volle Haftung bleibt jedoch bestehen. Auch ambulante Leistungen können wir in der Klinik künftig nicht mehr abrechnen“, erklärt Ida Zirn für die Ravensburger Hebammen. „Das ist ungerecht, wirtschaftlich sehr herausfordernd und gefährdet unser freiberufliches Arbeiten im Kreißsaal. Geburt ist nicht planbar, es können dafür keine festen Termine vergeben werden.“

Im vergangenen Jahr begleiteten die Ravensburger Hebammen rund 1.380 Geburten – von physiologischen Verläufen bis hin zu komplexen Situationen wie Zwillings- und Frühgeburten sowie Risikoschwangeren. „Gerade diese Geburtshilfe braucht Erfahrung, Verantwortung und ein stabiles Team. Wir sichern Sprechstunden für Frauen, deren Geburten geplant werden müssen, und übernehmen gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten die Betreuung, wenn die ambulante Versorgung an Grenzen stößt“, so Ida Zirn weiter.

Seit Monaten kämpfen die Ravensburger Hebammen – gemeinsam mit Kolleginnen bundesweit – gegen die neuen Regelungen. Sie waren auf Demonstrationen von Konstanz bis Weimar, führten Gespräche mit Politikerinnen und Politikern, verteilten Informationsflyer und starteten Petitionen – bislang ohne Erfolg. „Der Vertrag dürfte nicht in Kraft treten oder bräuchte dringend Nachbesserungen“, fordert Ida Zirn.

Trotz aller Hürden wollen sie an ihrer Arbeit im Belegsystem festhalten: „Wir sehen die Vorteile der Freiberuflichkeit jeden Tag. Sie ermöglicht uns, maximal individuell, flexibel und mit Herz zu arbeiten. Dafür kämpfen wir weiter!“

Hebammenambulanz eröffnet
Um die Versorgung der Schwangeren weiterhin zu sichern, wurde gemeinsam mit der Klinikleitung eine neue Struktur erarbeitet. Seit dem 1. November 2025 steht werktags von 8 bis 14 Uhr eine Hebamme in der neu eröffneten Hebammenambulanz am EK in Ravensburg für Schwangere zur Verfügung – für Beratung, Vorsorge und Geburtsplanung. Dadurch verändert sich die bewährte Struktur nur minimal, die persönliche Betreuung bleibt erhalten.

„Wir sind überzeugt, dass die neue Hebammenambulanz ein Gewinn für alle Beteiligten ist“, betont Prof. Dr. Oliver Rentzsch, Ärztlicher Direktor der OSK. „Sie schafft zusätzliche Kapazitäten, stärkt die Verzahnung zwischen freiberuflicher und klinischer Betreuung und trägt dazu bei, dass wir auch künftig eine hochwertige Geburtshilfe anbieten können.“

Mit rund 1.380 Geburten im Jahr 2024 gehört die Geburtshilfe am EK zu den größten in der Region. Unter anderem durch die Schließung der Geburtshilfe im Helios Klinikum Überlingen rechnet die OSK künftig mit einem weiteren Anstieg der Geburtenzahlen.

„Wir sind gut vorbereitet und stolz auf das Engagement unserer Hebammen und unseres gesamten Teams“, sagt OSK-Geschäftsführer Franz Huber. „Die Ravensburger Geburtshilfe steht für Kompetenz, Erfahrung und Herzblut – und das bleibt auch so.“