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Ravensburg

Grüne kritisieren Aufhebung der Baumschutzsatzung: „Teurer Irrweg statt Bürokratieabbau“

Symbolbild: F.Enderle

Die Gemeinderatsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen reagiert in einer Pressemitteilung mit deutlicher Kritik auf den Beschluss zur Aufhebung der Baumschutzsatzung und die Einführung des sogenannten Kompromissmodells.

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„Was hier als Kompromiss verkauft wird, ist in Wahrheit ein teurer Irrweg“, so Fraktionsvorsitzende Anna Wiech. „Die Stadt schafft ein funktionierendes Instrument ab, ohne zu wissen, welche Kosten, welcher Personalbedarf und welche Pflichten durch das neue Modell auf uns zukommen. Das ist in der aktuellen Haushaltslage schlicht unverantwortlich.“

Nach Ansicht der Grünen führt der Beschluss weder zu mehr Flexibilität noch zu weniger Bürokratie – im Gegenteil: „Ein Leitfaden, ein Förderprogramm, ein Baumkataster, regelmäßige Kontrollen – das ist kein Bürokratieabbau, das ist Verwaltungsaufwuchs. Die Verwaltung wird erst mit der Abschaffung beschäftigt und dann nächstes Jahr mit dem Aufbau eines neuen Systems, weil die EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur genau das wieder einfordert. Das nationale Recht wird derzeit erarbeitet. Es wird voraussichtlich im Sommer 2026 im Bundestag beraten. Wahrscheinlich wird das Recht nicht vorgeben, wie Baumschutz in Kommunen durchgeführt wird, nur dass es keinen Nettoverlust von Baumbeschirmung und Grünflächen geben darf. Die Stadt wäre gut vorbereitet auf das Gesetz gewesen. Jetzt schaffen wir eine Satzung ab. Das ist vergeudete Arbeitszeit und Geldverschwendung“, so Wiech weiter.

Die Grünen warnen davor, die Verantwortung für den Erhalt von Bäumen vollständig von den Eigentümer*innen auf die Stadt zu verlagern. „Mit der Satzung galt: Wer einen Baum besitzt, trägt Verantwortung für die Gemeinschaft, für das Stadtklima. Künftig zahlt die Stadt – ohne Gegenfinanzierung. Das ist sozial ungerecht und ökonomisch unsinnig“, erklärt Maria Weithmann.

Gerade ältere Menschen, die Unterstützung bei der Pflege ihrer Bäume benötigen, könnten über die bestehenden Ersatzzahlungen der Satzung gezielt unterstützt werden. „Die reformierte Baumschutzsatzung hätte eine solidarische Entlastung älterer Bürger*innen erlaubt – das neue Modell dagegen belastet den städtischen Haushalt pauschal.“

Auch aus ökologischer Sicht sei die Entscheidung rückwärtsgewandt: „Die EU verpflichtet uns, bis 2030 keinen Nettoverlust an Grünflächen zuzulassen. Statt mit einer überarbeiteten Satzung gut vorbereitet zu sein, geben wir unser wichtigstes Steuerungsinstrument leichtfertig aus der Hand“, kritisiert Ulfried Miller.

Die Grünen betonen, dass sie für eine Reform der Baumschutzsatzung offen gewesen wären: „Wir wären bereit, Grenzwerte anzupassen, Verfahren zu vereinfachen und bürokratische Hürden abzubauen. Aber dieser Beschluss ist das Gegenteil – teurer, komplizierter, schlechter. Wer von Bürokratieabbau spricht und gleichzeitig neue Verwaltungsebenen schafft, verliert an Glaubwürdigkeit.“

Das Fazit der Grünen: „Mit dieser Entscheidung schwächt der Gemeinderat den Natur- und Klimaschutz, belastet die Verwaltung und gefährdet die finanzielle Vernunft. Das ist keine Vereinfachung, sondern ein Schildbürgerstreich auf Kosten der Stadtgesellschaft.“