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Wenn das Museum zum Malersaal wird

Aus der Vogelperspektive: Beim Malen stehen die Schüler*innen auf dem Prospekt, Bild: Museum Humpis-Quartier

Seit dieser Woche sind Kulissen von Schülerinnen und Schülern der Realschule Ravensburg und des Welfen Gymnasiums im Museum Humpis-Quartier zu sehen. An drei Tagen konnten sie in Workshops im Innenhof des Museums unter der Anleitung von Theatermalerinnen lernen, wie Kulissen gemalt werden. Die Ergebnisse werden dort noch bis zum 17. August präsentiert.

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Historische Kulissen an Schülerinnen und Schüler vermitteln
Anlass für die Workshops war die aktuelle Sonderausstellung „Alles schöner Schein? Das Konzerthaus und seine Kulissen um 1900“ im Museum Humpis-Quartier. Dort wird nicht nur die Entstehungsgeschichte des Konzerthauses erzählt, sondern auch der einmalige Bestand von über 300 historischen Theaterkulissen vorgestellt, der sich dort erhalten hat. „Es war uns ein großes Anliegen, nicht nur das Wissen über die besonderen Kulissen zu vermitteln, die der Theatermaler Wilhelm Plappert Ende des 19. Jahrhunderts in Stuttgart gefertigt hatte, sondern vor allem die Schüler*innen auch einfach selbst mal ausprobieren zu lassen, wie solche Prospekte bis heute gemalt werden“, sagt Miriam Kresser, Kuratorin im Museum Humpis-Quartier. Sie betont dabei aber auch, dass die Workshops nur dank der Unterstützung der Pinselmanufaktur Großmann und der Kreissparkasse Ravensburg möglich waren.

Bei den Ravensburger Schulen stieß die Idee auf großes Interesse. Das bestätigt Jochen Schäfer, Geschichtslehrer an der Realschule Ravensburg: „Es ist toll, dass sich aus einem Besuch der Ausstellung „Alles schöner Schein?“ mit der Klasse 9a die Idee zu einem Workshop entwickelt hat, bei dem dann Schülerinnen und Schüler das Kulissenmalen selbst ausprobieren konnten.“

Kulissenmalerinnen zeigen Techniken vom Theater
Für den Workshop waren die Theatermalerinnen Martha Steinert und Nermin Nehme vom Theater Rudolstadt nach Ravensburg angereist und weihten die Schülerinnen und Schüler in die Techniken ein: Gemalt wird immer im Stehen mit langstieligen speziellen Theatermalpinseln, der Stoff für die Kulisse wird dabei am Boden fixiert. Mit der Hilfe eines Rasters wird das Motiv dann von einer kleineren Vorlage Quadrat für Quadrat ins Große übertragen. Die Maler stehen dabei auf der Kulisse, also mitten im Bild.

„Ich habe noch nie mit so langen Pinseln gearbeitet, das ist schon schwierig, aber wenn man mal reinkommt, macht es richtig Spaß“, sagt ein teilnehmender Schüler. Die Vorzeichnung hatten die Malerinnen schon vorbereitet, doch langweilig wurde es den Teilnehmenden nicht. Farben mussten gemischt, eine mehrfarbige Grundierung aufgetragen werden und anschließend ging es an die Details der Palmen, Pflanzen und Architekturelemente. Zum Schluss wurden für die plastische Wirkung Akzente mit helleren Farben gesetzt.

Mit etwas Abstand verändert sich die Wirkung
„Es ist schön, als Gruppe an etwas zu arbeiten“, bemerkt eine teilnehmende Schülerin aus dem Leistungskurs Kunst am Welfengymnasium. „Dabei gibt es immer etwas zu tun und immer andere Stellen, an denen man mithelfen kann. Ich finde es auch spannend zu sehen, wie sich das Bild entwickelt. Beim Malen sieht man das nicht direkt, aber wenn man mit etwas Abstand die Kulisse von oben anschaut, sieht man, wie sich die Wirkung verändert.“ In Malsälen großer Theater gibt es dafür meist eine Galerie, im Humpis-Quartier konnten die Malerinnen die Treppenhäuser für die Vogelperspektive nutzen.

Mit erstaunlicher Professionalität schufen die verschiedenen Gruppen von Schülerinnen und Schülern der Realschule Ravensburg und des Welfen Gymnasiums über drei Tage verteilt Ausschnitte der Theaterkulisse „Gewächshaus mit Palmen“. Das Motiv stammt von Wilhelm Plappert und ist im Original im Bestand des Ravensburger Konzerthauses erhalten. Die Theatermalerin Martha Steinert kennt dabei die Arbeiten von Plappert sehr gut. In ihrem Studium hatte sie zusammen mit ihrer Kollegin Jule Mainka sogar einen Ausschnitt vom Goldenen Vorhang aus dem Ravensburger Bestand kopiert.

Besonderes Erlebnis für Ravensburger Schülerinnen und Schüler
Sie zeigt sich aber auch begeistert darüber, was während der Workshops in kürzester Zeit entstand. „Die Teilnehmer*innen hatten vorher noch nie auf einem Prospekt gestanden oder mit so langen Pinseln gearbeitet. Sie sind immer lockerer geworden im Umgang mit Pinsel und Farbe. Alle waren bis zuletzt motiviert und mit Ehrgeiz bei der Sache. Das Form -und Farbverständnis war bei allen sehr gut!“, fügt sie hinzu. Auch Kunstlehrerin Nicole Muschel von der Realschule Ravensburg äußert sich sehr zufrieden: „Der Workshop war für unsere Schülerinnen und Schüler ein schönes Erlebnis. Die professionelle Vorbereitung und Begleitung durch erfahrene Bühnenmalerinnen war beeindruckend und hat alle mitgerissen – mich eingeschlossen. Am Ende standen wir staunend vor einem tollen Ergebnis. Insgesamt war es eine wunderbare Gelegenheit, Geschichte, Kunst und Handwerk auf anschauliche Weise zu verbinden.“

Wer sich selbst ein Bild machen möchte, kann die Arbeiten der Schülerinnen und Schüler bis zum 17. August noch im Innenhof des Museum Humpis-Quartier bestaunen.