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Eine Frage des Geschlechts? – Frauengeschichte in Ravensburg

Bild: Wynrich Zlomke

Die Ausstellung zeigt die Geschichte Ravensburger Frauen vom 18. Jahrhundert bis zur Erlangung des Frauenwahlrechts 1919. Sie widmet sich dabei der Frage, wie die Kategorie „Geschlecht“, ebenso wie Stand, Klasse und Herkunft, den Zugang zu politischen Rechten und sozialen Räumen definierte, sowie Herrschafts- und Machtverhältnisse prägte und stabilisierte.

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„Eine Frage des Geschlechts? Frauengeschichte in Ravensburg“,
28. Oktober 2022 bis 3. September 2022, im Museum Humpis-Quartier.


Der Diskurs über Geschlechterrollen spiegelt sich in der jeweils zeitgenössischen Kunst und Literatur, sowie in Bildern oder Zeugnissen der materiellen Kultur, etwa Kleidungsstücken oder Gebrauchsgegenständen. Unterschiedliche Texte und historische Quellen, wie Gerichtsakten, Ratsprotokolle oder Tagebücher, wurden für die Ausstellung dramaturgisch bearbeitet, eingesprochen und sind nun in Form von Hörspielen und biographischen Skizzen zu hören.

Im 18. Jahrhundert nutzen Frauen wie die Schneiderin Maria Anna Eglin oder die Schuhfabrikantin Barbara Böhmin Handlungsspielräume innerhalb rechtlicher und sozialer Normen und setzten sich als erfolgreiche Handwerkerinnen und Unternehmerinnen durch.

Das Zeitalter der Aufklärung, die Entstehung des modernen Staatswesens und die Emanzipation des Bürgertums brachten im 19. Jahrhundert eine Festlegung auf „naturgegebene“ Geschlechtscharaktere. Diese Eigenschaften, etwa Passivität/ Aktivität oder Sinnlichkeit/Rationalität, wurden an das biologische Geschlecht geknüpft und legitimierten die Zuweisung von Rollen, Rechten und Räumen. Für bürgerliche Frauen in Ravensburg bedeutete dies eine zunehmende Beschränkung auf den privat-familiären Bereich. Unterbürgerliche und arme Frauen gerieten mit den gesellschaftlichen und obrigkeitsstaatlichen Normsetzungen häufig in Konflikt, da diese für sie praktisch unerfüllbar blieben.

Die Frauenbewegung erkämpfte zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Frauenwahlrecht und die formale Gleichberechtigung. Zugang zu höherer Bildung und neuen Berufen führte aber auch in Ravensburg nicht zu einer grundsätzlichen Umgestaltung der Geschlechterverhältnisse.

Die Ausstellung präsentiert erstmals die Forschungsergebnisse des Projekts „Frauengeschichte in Ravensburg“ in einer umfassenden musealen Ausstellung. Das seinerzeit wegweisende kommunale Projekt wurde in den 1990er-Jahren von Gemeinderätinnen der Fraktion Die Grünen angeregt und ist inzwischen selbst Teil der Frauengeschichte dieser Stadt.

Teil der Ausstellung ist eine Fotoserie, die in Zusammenarbeit mit der Fotografin Claudia Casagranda konzipiert wurde. Sie thematisiert die Frage nach Selbst- und Rollenbild, Inszenierung und Wahrnehmung. Zu sehen sind aktuelle Portraits von Ravensburgerinnen, kombiniert mit historischen Gemälden und Fotografien aus der Sammlung des Museums und des Stadtarchivs in einer beziehungsreichen, wandfüllenden Installation.

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