rv-news.de
Kultur und EventsRavensburgTop-Thema

Die „Milka“ wird Weltkulturerbe – die Stadt Ravensburg blitzt bei UNESCO aber ab

Keine Kosten und Mühen hat Ravensburg gescheut, sich vor der UNESCO für ein Weltkulturerbe-Status zu bewerben. Bild: Kim Enderle

Auch die 2025er-Kampagne der Ravensburger Faschingsgesellschaft „Milka“ garantiert einen unwiderstehlichen Angriff auf die Lachmuskeln. Wieder einmal werden die typischen Klischees und aktuellen Themen von Ravensburg (und auch der nördlichen Nachbarstadt) gekonnt durch den Kakao gezogen. Das Ganze hat Regisseur Marco Ricciardo in eine unterhaltsame Geschichte verpackt, die gespickt ist mit feinen Spitzen und Pointen – oder um es an das Motto der diesjährigen Kampagne „Bon Voyage ohne Blamage“ anzulehnen: Milka 2025: „Formidable!“

- ANZEIGE-



Fünf ausverkaufte Vorstellungen zeugen auch in diesem Jahr davon, dass die Milka als Fasnets-Institution nicht mehr wegzudenken ist. Aber auch ein Rundumblick durch das altehrwürdige Konzerthaus zeigt: Hier ist der komplette Querschnitt der Ravensburger Gesellschaft zu Gast – vom (vermeintlich) normalen Bürger über den Firmenschef bis hin zum Vertreter der Politik. Was die Milka traditionell von anderen Bällen oder Events in der Fasnetszeit unterscheidet, ist die überdurchschnittlich familiäre Atmosphäre. Das fängt schon damit an, dass Gastgeber und Milka-Präsident Christoph Stehle mit seinen neu ins Amt eingeführten Vizes Daniela Engelberger und Andreas Hein die Gäste persönlich am Eingang begrüßt und Hunderte von Händen schüttelt.

Nach der musikalischen Eröffnung durch den Fanfarenzug Rauenspurg und der Begrüßung der Ehrengäste ist es bei der Milka guter Brauch, dass die beiden „Institutionen“ Ekkehard Zeim und Wolfgang Engelberger mit ihren „Moritaten“ für die stets ruhig vorgetragene, aber dennoch scharf formulierte Einstimmung sorgen. Dass da einen Tag vor der Bundestagswahl vorrangig die Parteien der scheidenden Ampel-Regierung, aber auch der Rest, ihr Fett abbekommen, ist so klar wie das Wasser in der oberen Roßbachstraße.

Und dann geht es auch schon los mit der eigentlichen Geschichte „Bon Voyage ohne Blamage“. Natürlich wollen wir hier aus Rücksicht auf die Besucher der noch folgenden Aufführungen nicht zu viel verraten – den vielen Interessierten, die keine Eintrittskarten ergattern konnten, aber auch nichts vom rund zweieinhalbstündigen Spaß vorenthalten.

Zum Hintergrund der Geschichte: Ravensburg will unbedingt Weltkulturerbe werden und hat daher eine Delegation zusammengestellt, um bei der UNESCO in Paris die Bewerbung abzugeben. Die könnte repräsentativer kaum sein. Wäre da zunächst einmal die Vertreterin des Ravensburger Stadtmarketings, Birgit Krämer (gespielt von Martina Blattner). Die aufstrebende Projektleiterin hat natürlich alles akribisch geplant – allerdings finanziell ziemlich sparsam, womit vor allem Jessica Seiler-Strom (Daniela Engelberger) ein Riesenproblem hat. Die Marketing-Angestellte bei Vetter Pharma und Delegationsvertreterin der örtlichen Wirtschaft gerät vor allem in Rage, weil sich die Reisepläne auf einen Schlag erledigt haben: Der ICE von Innsbruck nach Dortmund rauscht ohne Halt durch den chaotischen Ravensburger Bahnhof. Nach emotionaler Beratung wird entschieden: „Wir fahren mit dem MOBI!“ Aufgrund eines Kommunikationsproblems innerhalb der Familie Knörle reist die Ortschaftsdelegation „Weissenau“ übrigens separat an – umweltfreundlich und nachhaltig mit dem E-Auto. Allerdings macht die Fahrt 300 km vor Paris an einem eher schlüpfrigen, rustikalen Rasthof halt, weil der Akku leer ist. Dass die Beziehung der Knörles mit der resoluten Franziska (Anja Vogel) und ihrem Ehemann Hannes (Tobias Gerstung) auf eine harte Probe gestellt wird, ist vorprogrammiert.

Unterdessen stockt es auch bei der übrigen Delegation. Dem Vorschlag, auf einem Campingplatz zu übernachten, wird vehement widersprochen – da schläft Jessica Seiler-Strom doch lieber auf der Sitzbank im MOBI. Auf dem gleichen Campingplatz nächtigt übrigens das Ehepaar Annelise und Rudi Sauter (Michaela Püllen und Eberhard Haug). Die wollen mit ihrem 250.000-Euro-Camper zwar auch nach Paris, aber eher zum Vergnügen. Vor allem muss das Instagram-Profil ständig mit Selfies gefüttert werden und Rudi achtet akribisch darauf, dass sein „Schatzibutzele“ Annelise das Wohnmobil auch immer gut im Hintergrund hat.

Zwar lässt der Campingplatz von Inhaber Pierre Jardin (Christoph Stehle) beim Komfort einige Fragen offen, doch immerhin gibt es ein ausgewogenes Yoga-Programm von Lebenskünstler Udo Rashwaragrami – ursprünglich aus Wigratzbad. Der bietet auch den oberschwäbischen Gästen den Yoga-Einklang und Energiefluss, beispielsweise mit den Positionen der „Brezel“ oder dem „geschwollenen Leberkäs´“.

Nach so mancher sonstigen Hürde kommen schließlich alle, die nach Paris wollen, dort an, und es stellt sich die spannende Frage: Wird dem Ravensburger Antrag auf das UNESCO-Weltkulturerbe entsprochen? Die Weingartner Delegation kommt kurz zuvor mit ziemlich hängenden Köpfen vom Vorsprechen raus, weil alle Antrags-Argumente widerlegt wurden und „das einzige, was in Weingarten schön sei, der Blick auf Ravensburg wäre.“ Doch Stadtmarketing-Beauftragte Birgit Krämer bleibt zuversichtlich, bringt den „Papp-Rapp“ in Stellung und übt mit der gesamten Delegation noch einmal das Schwenken der blau-weißen Fähnchen. Doch alles ist und bleibt vergebens … Warum konkret das Ravensburger Ortsschild keinen UNESCO-Weltkulturerbe-Aufkleber bekommt, verraten wir jetzt aber nicht.

Ein Happy End gibt es dann aber doch, weil Milka-Präsident Christoph Stehle – in einer improvisierten UN-Versammlung auf der Bühne – die Milka selbst zum Weltkulturerbe deklariert. Und das Konzerthaus gleich mit – aber nur, solange die Stadt Ravensburg es der traditionsreichen Faschingsgesellschaft ermöglicht, ihre Kampagnen dort aufzuführen.

Dementsprechend gab es viel Beifall für den kurzweiligen Milka-Spaß an diesem Abend, der von den weiteren Gastgruppen „Coro Piccolo“ (Oratorienchor Liederkranz Ravensburg), dem Tanz-Center Geiger mit der Hiphop & Showtanz-Gruppe „CWAIN“ sowie der Truppe „Black Artistic Fire“ vom Albert-Einstein-Gymnasium stimmungsvoll mitgestaltet wurde.

Bis tief in die Nacht hinein wurde zur Musik von „Franky & The Amigos“ weitergefeiert. Es war mal wieder ein toller Abend – da waren sich definitiv die Gäste, aber auch die Mitwirkenden und nicht zuletzt die Organisatoren einig, die in den vergangenen Monaten in unzähligen Stunden das diesjährige Programm auf die Beine gestellt haben.

Infos zur Faschingsgesellschaft „Milka“ finden Sie auch im Internet unter www.milka-ahoi.de

Gerne bieten wir Ihnen mit unserer Bildergalerie von der zweiten Aufführung am Samstag, 22. Februar einen visuellen Eindruck – fotografiert von Kim Enderle.