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Politik in Leichter Sprache in Heggbach

Die Fragerunde wurde von den Menschen mit Behinderung intensiv genutzt. Bild: St. Elisabeth-Stiftung

HEGGBACH – Sieben Vertreter verschiedener politischer Parteien folgten der Einladung der St. Elisabeth-Stiftung und stellten sich und ihre Parteien in Leichter Sprache vor. Im Anschluss an die fünfminütige Vorstellung gab es eine fünfminütige Fragerunde, die von den Gästen in der vollbesetzten Heggbacher Festhalle rege genutzt wurde.

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Als Vertreter der Politik waren Wolfgang Dahler (CDU), Martin Gerster (SPD), Prof. Dr. Ben Dippe (FDP), Maximilian Krippner (Die Linke), Josef Weber (Bündnis 90/Die Grünen), Reinhard Bopp (Freie Wähler) und Martha Heller (AfD) anwesend. Eingeladen war außerdem das Bündnis Sahra Wagenknecht, das jedoch aufgrund fehlender personeller Ressourcen abgesagt hatte.

Carmen Genal, Bereichsleiterin Alltag und Freizeit, erklärt den Hintergrund der Infoveranstaltung: „Solche politischen Informationsveranstaltungen haben in der St. Elisabeth-Stiftung mittlerweile Tradition – vor allem vor der Bundestagswahl. Zuletzt haben sich auch die Bürgermeisterkandidaten aus Maselheim hier in Heggbach vorgestellt. Der Wahlkampf vor der anstehenden Bundestagswahl ist sehr kurz und daher ist die Veranstaltung auf ein sehr großes Interesse gestoßen.“ Die Gäste kamen aus Heggbach, Biberach, Laupheim und Ehingen.

Lange und intensiv wurde im Vorfeld diskutiert, ob die AfD zu einer Wahlkampfveranstaltung nach Heggbach eingeladen werden sollte. Letztlich überwogen der Gleichheitsgrundsatz und das Recht auf umfassende Information der Bewohnerinnen und Bewohner in Heggbach und Umgebung. „Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes bestimmt, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. In der Auslegung bedeutet dies, dass wir in der St. Elisabeth-Stiftung den Wählerwillen der Bewohnerinnen und Bewohner nicht durch den kategorischen Ausschluss von Parteien beeinflussen. Die Menschen haben ein Recht darauf, umfassend über Wahlprogramme und Parteien informiert zu werden, unabhängig von unserer politischen Überzeugung“, sagt Sandra Münst, Mitarbeiterin im Psychologisch-Heilpädagogischen Dienst und Mitorganisatorin der Veranstaltung.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Carmen Genal gaben die Moderatoren Simon Eitel, Leiter Kommunikation der St. Elisabeth-Stiftung, und Simon Schmidt, Heilpädagoge, eine kurze Einführung zum Thema Bundestagswahl und stellten den Ablauf des Abends vor. In zwei Blöcken – einmal mit vier und einmal mit drei Personen – ging es dann los. Wolfgang Dahler von der CDU wurde als erster gezogen und durfte beginnen. Zwar merkte man dem frisch gewählten Nachfolger des langjährigen Bundestagsabgeordneten Josef Rief zunächst an, dass Leichte Sprache auf der politischen Bühne nicht allzu häufig zum Einsatz kommt, doch im Laufe seiner fünf Minuten wurde er immer sicherer. Am Ende seines Vortrags betonte er ausdrücklich die politische Abgrenzung der CDU zur AfD. Souverän und sicher beantwortete er auch die Fragen zum Klimawandel, zur Entlohnung in Werkstätten und zum öffentlichen Nahverkehr.

„Sicher“ war dann auch das passende Adjektiv für den Auftritt von Martin Gerster (SPD). Dem einzigen amtierenden Bundestagsabgeordneten auf der Bühne merkte man seine langjährige Wahlkampfroutine an. Die Schwerpunkte seiner Präsentation lagen vor allem auf sozialen Themen. Außerdem versprach er in der Fragerunde, dem Wunsch nach einer Verbesserung des ÖPNV im ländlichen Raum mehr Gewicht zu verleihen. Prof. Dr. Ben Dippe (FDP) und Maximilian Krippner (Die Linke) rundeten den ersten Block ab. Während Dippe sich vor allem bei den Themen Wirtschaft und Finanzen kompetent präsentierte, setzte Krippner auf soziale Gerechtigkeit, sei es beim Thema Mindestlohn oder auch bei den Themen Lebensmittelpreise, Steuerverteilung oder Zuwanderung.

Josef Weber (Bündnis 90/Die Grünen), Reinhard Bopp (Freie Wähler) und Martha Heller (AfD) stellten nach der Pause ihre Schwerpunkte vor. Josef Weber, von Beruf Landwirt, hatte sich die Themen Ökologie, Umweltschutz und Energiewende auf die Fahnen geschrieben. Das große Interesse am Thema Klimaschutz wurde in den Fragerunden im Plenum immer wieder deutlich. Reinhard Bopp setzte auf die Themen Wirtschaft und innere Sicherheit. Wie viele der Kandidaten versprach er den anwesenden Menschen mit Behinderung, die häufig in den Werkstätten der St. Elisabeth-Stiftung arbeiten, eine Anpassung des Mindestlohns. Wie sich das auf die Entgelte der Werkstätten auswirken kann und wie diese Mehrausgaben in einem künftigen Bundeshaushalt finanziert werden sollen, blieb an diesem Abend aber nicht nur von ihm, sondern von allen Parteivertretern unbeantwortet. Das galt auch für Martha Heller (AfD), die für die verhinderte Direktkandidatin Paula Gulde einsprang und schon in den ersten Sekunden ihrer Rede kritische Laute aus dem Publikum hinnehmen musste. Nachdem sie ihre Schwerpunkte in den Bereichen Asyl, innere Sicherheit und Wohnungsbau vorstellte, fiel der Abschiedsapplaus verhaltener aus als bei ihren Vorrednern.

Nach gut zwei Stunden waren alle Anwesenden über die Schwerpunkte der teilnehmenden Parteien informiert. Carmen Genal zog am Ende der Veranstaltung ein positives Fazit: „Ich bin erst einmal froh, dass alles friedlich abgelaufen ist und dass sich die Politikerinnen und Politiker strikt an die Vorgabe gehalten haben, in Leichter Sprache zu kommunizieren. Dafür ein großes Dankeschön! Besonders beeindruckt bin ich aber von den Menschen mit Behinderungen, die bei uns leben und arbeiten. Ich habe mich sehr über ihre gut durchdachten und inhaltlich fundierten Fragen gefreut, die zum Teil auch spontan gestellt wurden. Das zeigt mir, dass es richtig war, die Veranstaltung in dieser Form anzubieten.“ Organisiert wurde die Veranstaltung vom Psychologisch-Heilpädagogischen Dienst und dem Kultur- und Freizeitbereich Heggbach.