Mit der regionalen Konjunktur und anderen Wirtschaftsthemen beschäftigten sich die Mitglieder der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben in ihrer Wintersitzung am vergangenen Mittwoch in Bad Saulgau.
Die Gesamtwirtschaft befinde sich in einer schwierigen Situation, sagte Martin Buck, Präsident der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK), bei der Wintersitzung der IHK-Vollversammlung in Bad Saulgau. Die Konjunktur komme nicht in Schwung. Geopolitische Risiken und schlechte Rahmenbedingungen mit hohen Energiepreisen, einer überbordenden Bürokratie, hohen Struktur- und Steuerbelastungen sowie eine fehlende Planungssicherheit würden deutsche Unternehmen aller Größen und Branchen belasten. Er hoffe auf neue Impulse und eine wirtschaftsfreundlichere Politik, sagte Buck mit Blick auf die im kommenden Februar anstehenden Neuwahlen. Vor allem ein umfassender Bürokratieabbau, schnellere Genehmigungsverfahren und eine bezahlbare Energieversorgung seien für die Wirtschaft dringend vonnöten. Die IHK nehme diesbezüglich ihren politikberatenden Auftrag kontinuierlich und verlässlich wahr, betonte der IHK-Präsident und verwies auf zahlreiche Gespräche mit Regierungsvertretern in Bund und Land sowie den Abgeordneten vor Ort. Die Region Bodensee-Oberschwaben sei eine wirtschaftsstarke Region. „Wir können und müssen uns den bestehenden und künftigen Herausforderungen stellen.“ Mit der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA sei es zudem noch wichtiger geworden, in einem wirtschaftlich gesunden Europa eng zusammenzustehen und auch künftig mit den USA und mit China gut zusammenzuarbeiten.
Regionale Konjunktur im Abwärtstrend
Seit zwei Jahren kämpfe die regionale Wirtschaft mit einem Abwärtstrend und verharre im Abschwung, sagte die IHK-Referentin für Regionalentwicklung, Bettina Wolf. Sie informierte die Mitglieder der Vollversammlung über die Ergebnisse der aktuellen Herbstumfrage der IHK, nach der nur noch 30 Prozent der Unternehmen ihre eigene Geschäftslage als gut beurteilen. 19 Prozent bewerten ihre Geschäftslage als schlecht, 51 Prozent zeigen sich mit ihrer Geschäftslage insgesamt zumindest noch zufrieden. „Die Nachfrageflaute sowohl im Inland als auch im Ausland hält an, die Umsätze sind im Sinkflug und der Auftragseingang zeigt keine neue Dynamik“, bedauerte Bettina Wolf. Auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen fallen dementsprechend verhalten aus: Nur 14 Prozent erwarten eine bessere Entwicklung, 33 Prozent fürchten eine Verschlechterung, 53 Prozent gehen von gleichbleibenden Bedingungen aus. Als große Risiken sehen die Unternehmen vor allem die hohen Energiepreise, eine wenig hilfreiche Wirtschaftspolitik, den Fachkräftemangel und die überbordende Bürokratie. Die Unternehmen beklagen zudem langwierige Baugenehmigungen, eine zu hohe Steuerbelastung, eine unklare Gesetzeslage und fehlende Planungssicherheit. Für Investitionen fehlten derzeit die Anreize, so Bettina Wolf weiter. 15 Prozent der Unternehmen planen keine Investitionen, 31 Prozent weniger und 36 Prozent gleichbleibende. Nur noch 18 Prozent wollen ihre Investitionen erhöhen. Auch die Beschäftigungspläne fallen entsprechend vorsichtiger aus: 11 Prozent der Unternehmen suchen Personal, ein Viertel der Betriebe geht davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten abnimmt, 64 Prozent rechnen mit einer gleichbleibenden Beschäftigung.
Mit Blick in die einzelnen Branchen berichtete Bettina Wolf, dass die Industrie als Leitbranche der Region in die Rezession gerutscht sei. Sie leide vor allem unter der schwachen Nachfrage im In- und Ausland sowie unter den hohen Arbeits- und Energiekosten. Die Dienstleistungsbranche zeige sich in robuster Verfassung. Aktuell beurteile fast die Hälfte der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, 30 Prozent seien zufrieden, 22 Prozent sähen sich in einer schlechten Geschäftslage. Dem Einzelhandel mache die schwache Konsumneigung weiterhin zu schaffen. „Nur noch 9 Prozent gehen von einer Verbesserung ihrer Geschäfte in den nächsten Monaten aus, 38 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung, 53 Prozent erwarten gleichbleibende Verhältnisse“, so die IHK-Referentin. Auch im Großhandel habe sich die Stimmung seit der Konjunktur-Umfrage im Frühjahr 2024 verschlechtert. Nur 15 Prozent der Unternehmen sähen einen positiven Trend bei den Bestellungen. Die Inlandsnachfrage bleibe das größte Risiko für die Branche, gefolgt von hohen Arbeitskosten und dem Fachkräftemangel. Die Unternehmen in der Kreditwirtschaft haben laut Bettina Wolf eine gute bis befriedigende Beurteilung ihrer Geschäftslage abgegeben. Das Geschäftsvolumen sei bei der Mehrheit der regionalen Banken im Vergleich zum Frühjahr 2024 angestiegen. Die Nachfrage nach Krediten von Privatkunden habe leicht zugenommen.
Dass die weiterhin im Abschwung verharrende Konjunktur sich auch auf die Unternehmen in der Region auswirkt, zeigten die Erfahrungsberichte der fünf regionalen Unternehmer Alexander Blum (Blum-Novotest GmbH, Grünkraut – Industrie), Susanne Jork (Früchte Jork GmbH, Isny – Handel), Florian Schmieder (Schmieder GmbH, Fronreute – Dienstleistung) und Marvin Lang (Alpenblickdrei Werbeagentur Tettnang – Dienstleistung) sowie Markus Kistler (Landesbank Baden-Württemberg – Kreditinstitute). Die aktuelle konjunkturelle Lage stelle die Unternehmen vor große Herausforderungen berichteten sie übereinstimmend. Prognosen für die Zukunft seien derzeit nur schwierig zu treffen, aber es gebe auch unternehmerische Chancen. Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen seien dafür aber unumgänglich.
Beschlussfassungen der Vollversammlung
Auch Beschlussfassungen standen auf der Tagesordnung der Vollversammlung. So erteilten die Mitglieder der Vollversammlung der Feststellung der geprüften Jahresrechnung 2023 nebst Prüfbericht sowie der Verabschiedung des Wirtschafts- und Finanzplans und der Wirtschaftsplanung 2025 ihre Zustimmung.
Beschlossen wurde zudem eine integrierte Gesamtstrategie als weitere Grundlage für die Arbeit der IHK Bodensee-Oberschwaben. Die Strategie soll die wesentlichen Zielsetzungen zur Förderung der regionalen Wirtschaft sowie zur IHK-internen Weiterentwicklung definieren, gerade auch mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen.
Zustimmung erteilte die IHK-Vollversammlung auch einer Positionierung der IHK Bodensee-Oberschwaben im Zuge des weiterhin laufenden Prüfprozesses zur Einrichtung eines Biosphärengebiets Allgäu-Oberschwaben. „Wir sehen nach Analyse und Abwägung aller bislang vorliegenden Informationen und Rückmeldungen aus der Perspektive der Gesamtwirtschaft mehr Risiken als Chancen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Sönke Voss. Derartige Strategieprozesse seien grundsätzlich wichtig und würden Impulse zur Regionalentwicklung liefern, den für eine Beitrittsentscheidung zuständigen Gemeinderäten könne jedoch im Hinblick auf das wirtschaftliche Gesamtinteresse der IHK-Region die Zustimmung zu einem Beitritt nicht empfohlen werden. Sofern der Beitritt zu dem geplanten Biosphärengebiet erfolgen soll, empfehle die IHK den Gemeinden mit Blick auf die angekündigte Ausstiegsklausel eindeutig definierte und verbindliche Ausstiegs-Kriterien, sollten sich Nachteile für die regionale Wirtschaft ergeben, so Voss weiter. Er wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass aus Sicht einzelner IHK-Mitgliedsunternehmen die sich durch ein Biosphärengebiet ergebenden Chancen überwiegen würden. Unabhängig von einer Beitrittsentscheidung sollten diese Chancen genutzt werden, gegebenenfalls über andere Förderlinien oder Projektstrukturen. So sei die Region etwa beim Bundeswirtschaftsministerium als Beispielregion der industriellen Bioökonomie gelistet und es gäbe eine Reihe von Projekten zu diesem Zukunftsthema.