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Geflüchtete und Asylsuchende: Kreis Ravensburg steht weiter vor großen Herausforderungen

Ravensburg konnte zum Jahreswechsel das frühere Hotel "Goldene Uhr" als Anschlussunterkunft für ukrainische Geflüchtete in Betrieb nehmen. Bild: F.Enderle

Für den Landkreis Ravensburg und seine Gemeinden wird die Herausforderung bei der Aufnahme von geflüchteten Menschen immer größer. Dies gilt sowohl für die Aufnahme und Anschlussunterbringung, als auch bei den Maßnahmen zur Integration. 

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„Die Zahlen sind perspektivisch ernst“, sagte der 1. Landesbeamte des Landkreises Ravensburg, Dr. Andreas Honikel-Günther bei einem Pressegespräch zur aktuellen Situation bei der Unterbringung, Betreuung und Integration von geflüchteten Menschen aus der Ukraine, aber auch aus anderen Teilen der Welt. Aktuell seien neben 3800 ukrainischen Kriegsgeflüchteten auch rund 3800 Menschen aus anderen Staaten wie Syrien und Afghanistan im Landkreis vor Ort. Dass sowohl die Kreisverwaltung, die für die vom Land zugewiesenen Menschen zunächst verantwortlich ist, als auch die Kommunen bei der Anschlussunterbringung an den Grenzen des Machbaren stehen, verdeutlichte der Dr. Andreas Honikel-Günther am Vergleich. „In Baden-Württemberg wurden bislang 70 Prozent mehr Menschen aufgenommen, als bei der großen Welle in den Jahren 2014/15“, betonte er. Dass das der Kreis überhaupt bewältigen könne, läge vor allem an der guten Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen, aber auch mit und zwischen den Bürgermeistern der Kreisgemeinden. Im Kreis Ravensburg sieht man sich dennoch so langsam an den Grenzen – das gelte auch für die Bevölkerung. Ändern müssten das Bund und Land gemeinsam. Beispielsweise mit mehr Druck auf die EU bei der gerechten Verteilung auf die Mitgliedsstaaten, die Verhinderung der illegalen Migration oder Rückführung von nicht asylberechtigten Migranten. Nicht zu vergessen seien die immensen Kosten der Kommunen. „Das Land muss für diese Kosten aufkommen“, forderte der 1. Landesbeamte im Kreis Ravensburg. 

Aktuell betreibt der Kreis Ravensburg 7 Behelfsunterkünfte, davon zwei Kreissporthallen in Ravensburg sowie Leutkirch, durch die Herrichtung von Bestandsbauten wie das ehemalige Schwimmbad in Bad Wurzach,  das Schloss Neutann in Wolfegg sowie die Errichtung neuer Containeranlagen können aber Alternativen geschaffen werden. Zudem rechnet die Kreisverwaltung, dass bis Ende April die Stadthalle Wangen sowie die Turnhalle in Eisenharz in Bälde wieder für ihre eigentlichen Zwecke freigegeben werden können. 

„Wir rechnen damit, dass die Kreissporthallen im neuen Schuljahr 2023/24 wieder für den Sportbetrieb und die Vereine zur Verfügung stehen“, sagte Dr. Andreas Honikel-Günther. Vorausichtlich werden Containeranlagen in Aulendorf, Wangen, Baindt, Kissleg, Argenbühl, Weingarten und zweimal in Bad Waldsee erreichtet. Zwischen 54 und 57 Menschen finden in einer Anlage Platz.  Derzeit geht der Kreis Ravensburg davon aus, dass bei den ukrainischen Kriegsgeflüchteten von 80 Zuweisungen pro Monat aus, bei den sonstigen Asylsuchenden dürften sich die Zahlen bis zum Winter zwischen 60 und 120 Menschen pro Monat bewegen. “Wir blicken allerdings sorgenvoll in Richtung Tunesien. Niemand weiß, wie sich die politische Lage dort noch entwickelt”, ergänzte Dr. Andreas Honikel-Günther. 

„Wir arbeiten derzeit mit einem MIx aus “Kaffeesatz-Leserei und dem Blick durch die Glaskugel.“

Diana E. Raedler, Sozialdezernentin Landkreis Ravensburg

Auch Diana E. Raedler, Sozialdezernentin des Landkreises Ravensburg, sieht für den Kreis und die Kommunen weiterhin große Herausforderungen, nicht nur bei der räumlichen Unterbringung, sondern auch bei der sozialen Betreuung ab dem ersten Tag. Die bisherigen Zuteilungen kamen in Wellen, wie das in den nächsten Monaten aussieht, bezeichnet sie als einen Mix aus “Kaffeesatz-Leserei und dem Blick durch die Glaskugel”. „Wir arbeiten da mit den Erfahrungen aus den Jahren 2014/15 und viele Strukturen und Angebote sind erhalten geblieben“, sagte Diana E. Raedler. „Bei den Integrationsbemühungen gibt es da viele tolle Beispiele“, ergänzte die Sozialdezernentin. Wie wichtig die Integration in die Gesellschaft und nicht zuletzt den Arbeitsmarkt sei, untermauert auch der Blick in die Zukunft. So geht man im Kreis Ravensburg davon aus, dass 70 Prozent der im Kreis Ravensburg untergebrachten Menschen auch hier bleiben werden. 

Eine Herausforderung ist der Zustrom an Geflüchteten aber auch für die Gemeinden, die für die Anschlussunterbringung verantwortlich ist. Diese ist bei geflüchteten Menschen aus der Ukrainer bereits nach 6 Monaten, bei Asylsuchenden anderer Nationen nach maximal 24 Monaten vorgesehen. In Zeiten, wo ohnehin Wohnungsmangel herrscht, ist dies alles andere als einfach. Auch hier fordern die Kommunen mehr Unterstützung von Bund und Land, vor allem, was die finanzielle Belastung anbetrifft. Die Anliegen und Sorgen bringen der Kreis und die Gemeinden regelmäßig bei den jeweiligen Verbänden, aber auch den regionalen Landtags.- und Bundestagsabgeordneten ein. 

 

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