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Ravensburg

Benjamin Strasser besucht Berufsbildungswerk

Beim Spaziergang durchs BBW Ravensburg lag auch die Schreinerei auf dem Weg, in der sich FDP-Kandidat Benjamin Strasser (Mitte) informieren ließ. Bild: BBW

Mit diesem Slogan startet die Partei von Benjamin Strasser in den Bundestagswahlkampf 2021. Der erneut fürs Parlament kandidierende Abgeordnete der Freien Demokraten (FDP) war zu Besuch im Berufsbildungswerk (BBW) Ravensburg. Hintergrund der Einladung, die vonseiten der Stiftung Liebenau ausging, war es, Kandidatinnen und Kandidaten im Wahlkreis Ravensburg auf die Veränderungen im Sektor der Berufsbildungswerke aufmerksam zu machen.

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Beim Gesprächseinstieg war es Geschäftsführer Christian Braun wichtig, Strasser einen Einblick in den Alltag des BBW zu geben. Dazu gehörte auch ein Blick zurück. Corona hat das duale Ausbildungssystem vor so manche Herausforderungen gestellt. Die Heimlern-Phase hat viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihre Grenzen gebracht. Den Kontakt zu halten und „nebenbei“ die Ausbildung voranzutreiben, war eine Meisterleistung aller Beteiligten. Braun betonte an dieser Stelle, dass dies ohne die eigene E-Learning-Plattform „Ilias“ nicht denkbar gewesen wäre.

Chance im BBW

Aufmerksam hinterfragte Strasser, wie die Teilnehmer überhaupt in die Einrichtung vermittelt werden. Braun fasste zusammen: Ohne Reha-Status, der von der Bundesagentur für Arbeit diagnostiziert wird, gibt es keinen Platz in einem Berufsbildungswerk. Klar formulierte er seinen Wunsch an die Politik. „Auch junge Menschen, die beispielsweise keinen Arbeitsplatz finden oder auch die Schule abgebrochen haben, sollten die Möglichkeit bekommen, im BBW aufgenommen zu werden. Man sollte die große Chance, die ein Berufsbildungswerk bietet, nicht von einer Diagnose abhängig machen.“ Strasser reagierte auf diese Aussage prompt und erfragte die politischen Hintergründe und bestehenden Strukturen, um zu sehen, wo hier der Hebel zur Veränderung liegt. Beeindruckt zeigte er sich auch von den nachhaltig guten Zahlen, die belegen, wie lohnend und nützlich eine BBW-Ausbildung und anschließende Vermittlung in langfristige Arbeitsverhältnisse ist.

Digitale Zukunft

500 Laptops für die Schülerinnen und Schüler konnten im Rahmen des Digitalpakts schon von der Josef-Wilhelm-Schule ausgegeben werden. Einen Digitalpakt für die Berufliche Bildung gibt es leider nicht. Hier würden sich die Berufsbildungswerke gerne Unterstützung oder Förderprogramme wünschen. Strasser nimmt diesen Hinweis offen zur Kenntnis. Auch für anfallende Wartungen benötige man Unterstützung.

Wo steht das BBW?

„Die Anforderungen des Arbeitsmarktes ändern sich ständig, aktuell auch durch den Trend hin zu mehr Elektromobilität“ erklärte Braun. „Wir versuchen uns stets weiterzuentwickeln, praxisnah auszubilden und das Ausbildungsangebot, wenn nötig, immer wieder anzupassen.“ Braun nannte als Beispiel die aktuell geplante Erweiterung des Ausbildungsangebots um den Bereich Fahrradmonteur.

Die neue „Normalität“

Geschäftsführer Herbert Lüdtke nutzte den Besuch des FDP-Kandidaten, um die Politik für die Veränderungen der Klientelen zu sensibilisieren. Lernbehinderungen sind bei den anvertrauten jungen Menschen längst nicht mehr die alleinige Realität, sondern werden oft durch psychische Störungen ergänzt. Hinzu kommen junge Menschen mit Autismus. Aktuell sind über 100 Autisten im BBW in Ausbildung oder in der Berufsvorbereitung.

Erfolgsquote

Die Psychologin Gabriele Schneider erläuterte: „Bei uns sind vorwiegend Teilnehmer mit normaler Intelligenz und autistischen Eigenschaften. Diese Menschen sind auf den Ersten Arbeitsmarkt vermittelbar, wenn sie die Möglichkeit haben, passgenaue Kompensationsstrategien vermittelt zu bekommen. Bei uns müssen sie lernen, was andere intuitiv können.“ Auf Strassers Rückfrage, ob es eine Erfolgsquote im BBW gibt, entgegnete Schneider mit einer Statistik aus ihrem Fachbereich. Diese belegt: Zweidrittel der autistischen Absolventen sind heute in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Die Psychologin formulierte auch einen konkreten Wunsch an die Politik: „Ein Verständnis, wie viel mehr Betreuung und Unterstützung diese jungen Männer und Frauen benötigen, um erfolgreich zu sein. Die Fachdienste müssen hier mehr leisten.“ Es gibt seit 2006 fast eine Verdoppelung der Diagnosen bei den Teilnehmenden. „Das Verständnis, dass bestimmte Diagnosen personellen Mehraufwand bedeuten, sollte die Politik im Hinterkopf behalten. Jedoch auch…“, und das betonte Ulrich Dobler von der Stabsstelle Politik und Internationales, sehr deutlich, „…hat sich der Arbeitsmarkt verändert. Denn die Fachkräfte, die in den Bildungswerken ausgebildet werden, werden dringender denn je benötigt.“

 

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